21 Jun Meine R(h)Einblicke vom 13. bis 20. Juni 2019 und Ausblick ins Wochenende
Besuch von Nordirland und Irland
Einmal pro Legislaturperiode starten wir mit der Landtagsfraktion, aus Eigenmitteln, zu einer Informationsreise. Gemeinsam mit drei Ministern, dem Parlamentarischen Geschäftsführer und dem Fraktionsvorsitzenden, sowie unseren Partnerinnen geht es zunächst nach Belfast und anschließend nach Dublin.
Wir sind dort im Schwerpunkt in den jeweiligen Parlamenten und besuchen die Deutsche Botschaft in Irland.
Natürlich steht die Reise unter dem Eindruck des möglichen Brexits und seinen Folgen. Nirgendwo würde ein harter Brexit spürbarere Auswirkungen haben als hier.
Die ehemalige Teilung Irlands in die Republik Irland und Nordirland fand 1921 nach dem irischen Unabhängigkeitskrieg statt. Nordirland ist heute Teil des Vereinigten Königreichs Großbritanniens und wird maßgeblich von London aus gesteuert.
Das Vereinigte Königreich ist eine Union der vier Landesteile England, Nordirland, Schottland und Wales.
Durch die gemeinsame Mitgliedschaft Irlands sowie Großbritanniens in der Europäischen Union sind die beiden Länder heute Teil der europäischen Staatengemeinschaft. Hierdurch konnten die ehemaligen Grenzen im Verlauf der Jahre weitgehend abgebaut werden, aber noch immer gibt es Bereiche in Belfast, die durch Mauern und Stacheldraht getrennt sind.
Die Regelung der Konsequenzen für Nordirland war es, die in den letzten Monaten eine zentrale Rolle bei dem zähen Prozess um den Austritt Großbritanniens gespielt haben. Denn mit dem Brexit droht der Nordirland-Konflikt wiederaufzuleben. Zur Befriedung hatte damals der Fall der Grenzen mit freiem Personen- und Warenverkehr in der EU maßgeblich beigetragen, die die britische Provinz Nordirland und die Republik Irland buchstäblich zueinander geführt haben.
Auf unserer Reise erleben wir, wie ein 850 Jahre alter Konflikt und noch gar nicht so alte Wunden sich quer durch ein Land und die Bevölkerung ziehen. Wir erleben ein Belfast, in dem die meterhohen Mauern und Zäune trotz Ende der bewaffneten Konflikte mit der IRA immer noch komplett stehen – und Abend für Abend wieder geschlossen werden. Mit dem Karfreitagsabkommen (englisch Good Friday Agreement) vom 10. April 1998 wurde ein Übereinkommen zwischen der Regierung der Republik Irland, der Regierung des Vereinigten Königreichs und den Parteien in Nordirland erzielt. Hierdurch wurde die seit den 1960ern gewaltgeladene Phase des Nordirlandkonflikts beendet und in eine politische Konsenssuche überführt (Quelle: Wikipedia)
Wenn es jetzt zu einem harten Brexit käme, wäre Irland weiterhin Mitglied der EU, während Nordirland als Teil von Großbritannien ausgetreten wäre. Die alten Außengrenzen müssten zumindest als Zollschranken mit all den bürokratischen, wie zwischenmenschlichen Zerwürfnissen neu errichtet werden. Dabei ist es schon jetzt bedrückend und unvorstellbar…
Vor Ort können wir das fühlen und erleben, hören in persönlichen Gesprächen die Sorgen der Menschen und Verantwortlichen. Wir erfahren aber auch, dass es in Nordirland seit mehr als 2 Jahren keine Sitzungen des Parlaments gibt. Die Parteien sind hilflos zerstritten, es gelingt keinerlei Einigung. Die Folgen sind verheerend für das Land: Seit 2 Jahren gibt es keinen beschlossenen Haushalt, befindet sich das Land in der vorläufigen Haushaltsführung.
Es gibt also keine neuen Projekte oder neuen Maßnahmen. Die Parlamentsverwaltung steuert das von London alljährlich zur Verfügung gestellte und reduzierte Budget.
Unvorstellbar für uns in unserer parlamentarischen Demokratie.
Vor Ort werden in den Gesprächen die für diese Region schlimmen Folgen eines harten Brexits praxisnah erklärt. Die Milch aus Nordirland und Irland geht beispielsweise heute wechselseitig x-mal über die Grenze hin und her, bis sie zu ihren Endprodukten verarbeitet ist. Wie soll das bei EU-Außengrenzen und dann zwingenden Zoll-Formalitäten funktionieren?
Völlig anders die Situation in Irland. Ein funktionierendes Parlament, ein Land mit hohem Wirtschaftswachstum und einem deutlichen höheren Bruttodurchschnittseinkommen der Bevölkerung als wir es in Deutschland haben. Die Gespräche mit der deutschen Botschafterin in Dublin bestätigen unsere Eindrücke und unser Erleben. Fast alle in Irland hoffen auf einen gütlichen Ausgang der Brexit-Verhandlungen, einige träumen auch von der Wiedervereinigung der beiden Länder
Sonntag, 16. Juni:
Nach Rückkehr am späten Abend geht der Arbeitsalltag am Sonntagvormittag weiter. Heute besuche ich das Feuerwehrfest des Löschzugs Neuenkirchen. Am Gerätehaus haben die Kameradinnen und Kameraden wieder alles aufgeboten, um den Besuchern ein attraktives Programm zu bieten. Gut so, denn es ist wichtig, dass die Feuerwehren nach außen ihre Arbeit präsentieren – nur so kann die aufopferungsvolle, ehrenamtliche Leistung ausreichend wertgeschätzt werden. Als Ehrenbrandmeister der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Rietberg bin ich den Wehren im Stadtgebiet natürlich besonders verbunden. Es ist mir wichtig, hier Verbundenheit und Präsenz zu zeigen sowie mit den Kameraden und Kameradinnen zu sprechen.
Montag, 17. Juni:
6.30 Uhr auf nach Grevenbroich, wo wir im Präsidium des Städte- und Gemeindebundes NRW zu unserer 200. Sitzung zusammenkommen. Von 1999 bis 2012 war ich Vorsitzender des Finanzausschusses beim StGB NRW und beim StGB im Bund. Schon seit 2004 bin ich Mitglied des Präsidiums. Es stehen wichtige Themen auf der Tagesordnung. Unter anderem: „Klimanotstand in den Kommunen“, die Reform des KiBiz, der Kohleausstieg und die Ergebnisse einer Evaluierung des Denkmalschutzes.
Zurück nach Rietberg, zur Sitzung des Vorstands Fördervereins Gartenschaupark.
Am Abend bin ich als Referent bei der „Blauen politischen Stunde“ der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU in Gütersloh, spreche und diskutiere mit den Gästen über die aktuellen landespolitischen Themen. Was hat sich verändert seit der Amtsübernahme im April 2017? Die Fakten sprechen für eine sehr positive Bilanz. Das Bild zeigt mich mit Marc Brinkhoff, Sektionssprecher Gütersloh/Lippe des Wirtschaftsrates. Anschließend geht es für mich nach Düsseldorf.
Dienstag, 18. Juni:
Bei meiner morgendlichen Laufrunde um 6 Uhr kann ich beim Sonnenaufgang am Rhein den Kopf freibekommen für die ersten Arbeiten, die mich im Büro erwarten.
Nach einigen Abstimmungsgesprächen kommt zunächst der Geschäftsführende Vorstand der CDU-Landtagsfraktion und später alle CDU-Abgeordneten zusammen. Wir bereiten uns intensiv auf die nächste Plenarwoche vor und sprechen unter anderem über die von uns eingebrachten Anträge wie die Hospizarbeit und Palliativversorgung in Nordrhein-Westfalen oder den Versuch, die „Invictus Games“, ein Sportereignis für kriegsversehrte Soldatinnen und Soldaten, nach Nordrhein-Westfalen zu holen. Eine gute Idee, im schlimmen Hintergrund, können die Teilnehmer durch das regelmäßige und strukturierte Training Unterstützung bei der Bewältigung ihres Alltags erhalten und neues Selbstvertrauen gewinnen.
Anschließend findet eine Sitzung der Vertreterversammlung des Versorgungswerks des Landtags statt. Die von mir als Vorsitzenden der Vertreterversammlung zu leitende Sitzung findet als Videokonferenz mit den Kollegen des Landtags in Brandenburg statt. Es gilt, wichtige Beschlüsse zu fassen. Das Land Baden-Württemberg möchte sich unserem Versorgungswerk anschließen. Wir führen entsprechende Verhandlungen und schaffen die Basis dafür.
Nordrhein-Westfalen hat als erstes Parlament mit dem Beginn der 14. Wahlperiode (Juni 2005) für seine Abgeordneten einen Systemwechsel in der Versorgung vollzogen. Statt eines vormals staatlich finanzierten Versorgungssystems ohne eigene Beitragsleistung der Abgeordneten zahlen diese nun zu 100 % selbst für ihre Altersversorgung (bei mir monatlich 2.300 Euro) als Beiträge in ein eigens dafür gegründetes Versorgungswerk ein: Das Versorgungswerk der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen.
Im Anschluss daran geht es zur Sitzung des Präsidiums des Landtags. Hier werden von mir die aktuellen Personalveränderungen vorgestellt und wir sprechen über die anstehenden Baumaßnahmen am und im 30 Jahre alten Landtagsgebäude am Rheinufer.
Danach eröffne ich eine Ausstellung in der Bürgerhalle des Landtags, die sich mit dem Titel „Widerstand – Erinnerung – Versöhnung“ dem Leben des ehemaligen Auschwitz-Häftlings und späteren polnischen Außenministers Wladyslaw Bartoszewski widmet. Seine Lebensgeschichte ist sehr berührend, weil sie Schattenseiten und Hoffnungsschimmer der miteinander verwobenen deutsch-polnisch-jüdischen Geschichte im 20. Jahrhundert widerspiegeln. So ist Bartoszewski zu einem wichtigen Brückenbauer für die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen geworden.
Bürogespräche, Unterschriftsmappen gilt es im Anschluss zu führen und zu bearbeiten, es wird also wieder spät an diesem Abend.
Mittwoch, 19. Juni:
Der Ältestenrat tagt frühmorgens. In dieser Sitzungsrunde vereinbaren wir die Tagesordnung der kommende Plenarwoche, die jeweiligen Redezeiten und die Überweisungsvorschläge zur weiteren Behandlung der Anträge und Gesetzentwürfe bis hin zur Festlegung des dafür federführenden Fachausschusses. Aufgrund einer Vielzahl von Anträgen und notwendiger Gesetzesbeschlüsse wird es auch in der nächsten Woche jeweils 12-Stunden-Sitzungen des Plenums geben, startend also morgens um 10 und endend gegen oder nach 22 Uhr.
Anschließend beginnt eine Veranstaltung, die mich schon im Vorfeld sehr bewegt hat. Wir haben ehemalige ‚Heimkinder‘ im Landtag zu Gast, die in ihrer Kindheit in Kinderheimen und Erziehungsanstalten, in Behindertenheimen oder psychiatrischen Anstalten körperliche oder seelische Misshandlungen erfahren haben. Niemand kann das Geschehene wiedergutmachen. Umso wichtiger ist es mir Betroffenheit zu zeigen, sowie Gehör und Wertschätzung zu schenken. Sprachlos machen mich die persönlichen Schilderungen einiger Teilnehmer, aber ihr Mut kann nicht genug gelobt werden. So bin ich doch froh, dass Vertreter von Kirche und Staat sich bei den Opfern für die geschehenen Taten entschuldigen.
Wichtig:
Vor zwei Jahren ist eine „Stiftung Anerkennung und Hilfe“ des Bundes, der Länder und der Kirchen eingerichtet worden, um die Betroffenen finanziell zu entschädigen, das Geschehen wissenschaftlich aufzuarbeiten und die Verfehlungen öffentlich sichtbar zu machen. In allen Bundesländern sind hierfür Anlauf- und Beratungsstellen eingerichtet worden, an die sich Opfer wenden können. Mir ist es wichtig, dass die Betroffenen spüren, dass es Menschen gibt, die Ihnen zuhören und die bereit sind zu helfen, für ein Stück weit Entschädigung.
Unmittelbar danach heiße ich im Plenarsaal die Mitglieder des Rietberger Jugendparlaments, sowie einige Vertreter des Stadtrates aus Rietberg mit ihrem Bürgermeister Andreas Sunder willkommen. Die Jugendlichen haben im Rahmen eines Praktikums für elf Wochen Kommunalpolitik in meiner Heimatstadt hautnah miterlebt. Die Idee, jungen Menschen schon früh einen direkten Kontakt zu demokratischen Strukturen zu ermöglichen, ist so hervorragend, dass ich mir auch an diesem prall gefüllten Tag gerne die Zeit nehme, mit ihnen über Politik und Gesellschaft und die Arbeit im Landesparlament zu sprechen.
Donnerstag, Fronleichnam 20. Juni:
Noch vor 6 Uhr verlasse ich das Haus, um mit dem Zug von Bielefeld nach Berlin zu fahren. Hier nehme ich unter anderem an der Gedenkstunde der Bundesregierung für die Opfer von Flucht und Vertreibung im Zeughaushof des Deutschen Historischen Museums teil, bevor wir später als Mitglieder des Kuratoriums „Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen“ zu einem Informationsbesuch im Demokratie-Labor des Deutschen Historischen Museums zusammenkommen. Am Abend geht es per Bahn wieder zurück.
Freitag, 21. Juni:
Auch heute geht es früh um 6 Uhr los. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg nach Rösrath, um meinem verstorbenen Kollegen und Sportausschuss-Vorsitzenden Holger Müller MdL die letzte Ehre zu erweisen. Der Tod von Holger hat uns alle sehr betroffen gemacht. Er war ein besonderer Abgeordneter, ein feiner Mensch und ein guter Freund: Er wird mir und uns in der Fraktion, wie auch im Landtag fehlen. Um 08.30 Uhr sind die Exequien in der katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus von Tolentino in Rösrath. Anschließend geleiten wir Holger zur letzten Ruhestätte auf dem alten Friedhof in Rösrath.
Am Wochenende steht der Empfang der Landesregierung in der Bonner Villa Hammerschmidt an. Es gibt ein Open-Air Konzert und jeder ist herzlich Willkommen. Sonntag bin ich wieder in Dortmund zum Schluss-Gottesdienst des Kirchentages und zur Abschlussveranstaltung der „Ruhr Games“ in Duisburg – Vielleicht sieht man sich.
Ihnen und Euch ein gutes Wochenende mit Herzlichkeit, froher Begegnung, ausreichend Freude und denkt daran: Der letzte Spargel wird bald gestochen…..