André Kuper im focus-online Artikel vom 16. November 2015: „Nachts die Sachen packen – Fragwürdiger Aktionsplan in NRW…“

Auf focus.de wird ihnen der Artikel „Nachts die Sachen packen – Fragwürdiger Aktionsplan in NRW: Wie schnell dürfen Blitzabschiebungen stattfinden?“ empfohlen.

von FOCUS-Korrespondent

Wie schiebt man Flüchtlinge human ab? In Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland mit den meisten Asylsuchenden, ist rund um diese Frage ein heftiger Streit entbrannt. Politiker haben unterschiedliche Vorstellungen zur „Beschleunigung der Asylverfahren“.

Es sind Fragen, die die Politik spalten. Darf man eine Flüchtlingsfamilie mit Kindern, die keine Chance auf eine dauerhafte Bleibe in Deutschland hat, nachts aus dem Bett holen, um sie in ihr Heimatland abzuschieben? Muss man diese Menschen schnell und unangekündigt in ein Flugzeug oder einen Bus setzen, damit sie nicht mehr die Möglichkeit haben, sich hier im Land zu zerstreuen oder womöglich ärztliche Atteste zu besorgen? Man muss, meint die CDU.  Man solle Fingerspitzengefühl zeigen, meint die SPD.

Die CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen hat die Diskussion jetzt wieder neu entfacht. CDU-Fraktionsvize André Kuper ist der Ansicht, dass die rot-grüne Landesregierung das neue Aufenthaltsgesetz unterläuft. In Paragraph 59 Absatz 1 dieses Gesetzes heißt es: „Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.“

Betroffene sollen zeitnah informiert werden

Am 6. November allerdings schrieb das NRW-Innenministerium an die Bezirksregierungen unter dem Titel „Beschleunigung der Asylverfahren/Informationen zum Vollzug der Ausreisepflicht“: „Vor dem geplanten Abschiebetermin sind die Betroffenen nochmals darüber zu informieren, dass ihre Abschiebung zeitnah bevorsteht. Dabei ist ein Vorlauf von mindestens einer Woche einzuhalten.“ Diese beiden Sätze verletzen aus Kupers Sicht den Asylkompromiss, in dem sich Bund und Länder darauf geeinigt hatten, die Abschiebepraxis ab Ende Oktober zu verschärfen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bleiben damit ihrer schon vor Wochen vorgegebenen Linie treu, abgelehnten Familien mit Kindern nicht noch weitere Härten zuzumuten. NRW habe in der 40. Kalenderwoche mit der Umsetzung des von Bund und Ländern beschlossenen Aktionsplans begonnen, schreibt Jäger an die Bezirksregierungen.

2501 Abschiebungen aus Nordrhein-Westfalen

Zunächst werden nun nach seinen Worten Zuwanderer aus Albanien, die so gut wie keine Aussicht auf Asyl haben, in vier Landeseinrichtungen im Rheinland, Westfalen und Ostwestfalen-Lippe untergebracht. Man lasse Menschen schon jetzt mit allen Mitteln in ihre Heimat zurückbringen, wenn dies erforderlich sei, so Jäger. „Im Zeitraum 1. Januar bis 30. September sind insgesamt 2501 Personen aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben worden“, teilt sein Ministerium mit.

Der CDU gehen all diese Maßnahmen noch nicht weit genug. Sie wirft der Landesregierung unter anderem vor, nicht genug „Kapazitäten für Schutzbedürftige“ zu schaffen und darüber hinaus einen großen Anteil der Flüchtlingslasten auf die Kommunen abzuwälzen.

222 Notunterkünfte mit mehr als 50.000 Plätzen

So seien 222 Notunterkünfte mit mehr als 50.000 Plätzen per Amtshilfe von den Kommunen geschaffen worden – „das sind 80 Prozent der angeblichen Landesplätze“, kritisiert Faktionsvize Kuper. „Die Landesregierung verschläft weiterhin den dringend notwendigen Ausbau eigener Kapazitäten und macht ein Notinstrument zum Dauerzustand für die Kommunen.“

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