Pressestimmen aus NRW – 21. bis 28. März 2017

21.03.2017 – 28.03.2017

 

„Die juristische Einschätzung, dass es rechtlich angeblich nicht möglich gewesen wäre, Amri zu verhaften, hat Ralf Jäger für sich allein. Zumal der spätere Attentäter in Baden-Württemberg sehr wohl kurzzeitig inhaftiert war. Ganz gleich, in welcher Parteienkonstellation Nordrhein-Westfalen nach der Landtagswahl regiert wird: Ralf Jäger darf nicht Innenminister bleiben.“

Westfalen-Blatt vom 27.03.2017

 

„Neun Monate (!) vor der Bluttat sagten die Ermittler einen Terror-Anschlag des Tunesiers voraus und empfahlen, Amri abzuschieben. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Leider nein, weil der Innenminister eine Abschiebung wegen gefälschter Identitäten und fehlender Papiere Amreis für nicht durchsetzbar hielt. Stattdessen sei das Gemeinsame Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern eingeschaltet worden. So lautet Jägers Verteidigungslinie bis heute. Auf Grundlage der LKA-Ermittlungen hätte Jäger den Versuch unternehmen können, die Abschiebung Amris anzuordnen. Warum hat er es nicht getan? Wollte er die Verantwortung abwälzen? Hat er die Gefahr unterschätzt? Am Mittwoch im Untersuchungsausschuss wird er sich erneut unbequemen Fragen stellen müssen. Der interne LKA-Vermerk zeigt einmal mehr, wie groß das Versagen im Zusammenspiel der Behörden gewesen ist. Tröstlich für Jäger: Sieben Wochen vor der Landtagswahl wird Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ihn nicht fallen lassen.“

Kölner Stadt Anzeiger vom 27.03.2017

 

„Nun wird öffentlich: Das LKA hatte schon im März 2016 eine Nachricht abgefangen, in der Amri ein Selbstmordattentat angekündigt hat. Passiert ist nichts. Wie man heute weiß: Das war ein Fehler. Der Innenminister wird sich dazu erklären müssen. Spätestens am Mittwoch im Untersuchungsausschuss.“

Neue Rhein Zeitung vom 25.03.2017

 

Die Wortklauberei um den Abschlussbericht des Landtagsuntersuchungsausschusses zur Kölner Silvesternacht 2015 dürfte viele der überfallenen Frauen einfach nur wütend machen. Nach einem Jahr parlamentarischer Aufklärungsarbeit müsste das Versagen von Polizei, Innenministerium und Stadtverwaltung jedem deutlich vor Augen geführt worden sein. Viel Spielraum für beschönigende Formulierungen blieb eigentlich nicht. Fatale Fehlplanungen bei der Einsatzvorbereitung, katastrophale Kommunikationspannen in der Silvesternacht selbst und ein unwürdiges Abschieben von Verantwortung in den Tagen danach – an dieser Bilanz lässt sich schwer deuteln. Dennoch wurde bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse um jedes Komma gerungen, als ließe sich die Geschichte der erschütternden Vorgänge im Schatten des Kölner Doms im Nachhinein umschreiben. Der Umgang mit der Silvesternacht bleibt deshalb von der ersten Polizei-Pressemeldung („entspannte Einsatznacht“), über die Vogelstrauß-Taktik des nordrhein-westfälischen Innenministeriums bis hin zum gestrigen Zuständigkeitsgeschacher in der parlamentarischen Aufarbeitung der Skandal hinter dem Skandal. Immerhin tröstet die beruhigende Erkenntnis, dass 60 Sitzungen des Untersuchungsausschusses zumindest den raschen Übergang zur Tagesordnung erschwert haben, den sich mancher in Düsseldorf so gern gewünscht hatte. Hätte es die Aufklärungsarbeit nicht gegeben, wären viele Behördenpannen vielleicht nie ans Licht gekommen. Ob aus dem Köln er Debakel jedoch gelernt wurde? Man kann es nur hoffen.“

Westfalenpost am 24.03.2017

 

„Der SPD-Politiker, so heißt es in einem gemeinsamen Schreiben an den Ausschussvorsitzenden, wolle die gebotene und objektive vernünftige Aufklärung der Vorgänge durch seine „chaotische Art der Verhandlungsführung und Beweisaufnahme aus wahltaktischen Grünen bewusst und von vorneherein verhindern“. Die Ladung und Vernehmung der Zeugen erfolge nicht nach Themen gegliedert, sondern völlig konzeptionslos. Die Terminierung der Zeugenvernehmungen sei so gestaltet, dass „bisher bei fast keinem Zeugen die Möglichkeit bestand, sich auf dessen Vernehmung qualifiziert vorzubereiten“. So werde der Ausschuss zum Wahlkampfinstrument degradiert.“

Westdeutsche Zeitung vom 24.03.2017

 

„Ministerium am Pranger. Mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Fall Wendt bekommt der Versorgungsskandal eine neue Dimension. Jetzt steht auch das NRW-Innenministerium am Pranger, dem der Polizeigewerkschafter Wendt unterstellt war. Offenbar bedenkenlos wurde ihm aus Düsseldorf Gehalt überwiesen, obwohl er mit der Polizei in NRW so gut wie nichts mehr am Hut hatte. Wendts Schreibtisch als Gewerkschaftschef befindet sich in Berlin, und sein Wohnsitz ist München. Aber aus NRW kam sein Gehalt für nicht geleistete Polizeidienste, und das Jahr für Jahr. Noch immer man sich fassungslos, wie so etwas so lange funktionieren konnte. Natürlich kann Innenminister Ralf Jäger (SPD) nicht über jeden einzelnen seiner 40.000 Polizeibeamten Bescheid wissen. Aber Ahnungslosigkeit bei einem von nur drei Gewerkschaftsvorsitzenden der Polizei? Mag Jäger für diese Verschwendung von Steuergeldern nicht persönlich verantwortlich sein, so trägt er doch die politische Verantwortung für die Missstände in seinem Haus, dass er offenbar nicht im Griff hat.“

Rheinische Post vom 24.03.2017

 

„Rot-Grün will Eigenlob in Sex-Mob-Bericht schreiben. Nach BILD-Informationen soll u.a. eingefügt werden „dass Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung jederzeit von Transparenz/Offenheit und unbedingtem Aufklärungswillen geprägt war”.

Dafür soll entfallen, dass es Anhaltspunkte für „Vertuschung, Verharmlosung oder unrechtmäßige Einflussnahme” gab. Rot-Grün will auch die Aussage streichen, dass bei der Silvester-Planung die Gefahrenlage von Polizei und Innenministerium „völlig falsch” eingeschätzt wurde.“

Bild-Zeitung Düsseldorf vom 23.03.2017

 

Ein Rechercheprojekt zum Unterrichtsausfall in Dortmund hat bei der Bezirksregierung Arnsberg und im Düsseldorfer Schulministerium Nervosität ausgelöst. Hintergrund dieses Projekts ist die wiederholte Darstellung des Schulministeriums, nach der der Ruhrgebiet Unterrichtsausfall in NRW bei lediglich 1,8 Prozent liegt. An diesem Wert gibt es vor allem bei Eltern und Schülern erhebliche Zweifel. Mitte Februar schrieb die Bezirksregierung Arnsberg alle Schulleiter in Dortmund an und forderte sie angesichts dieses Projekts auf, selbst die Zahl der im März ausgefallenen Stunden genau zu dokumentieren. Fragen der „Ruhr Nachrichten“ zu diesem Schreiben beantwortete die Bezirksregierung erst nach wiederholten Anfragen.“

Rheinische Post vom 23.03.2017

 

„Wenn die SPD-Fraktion am Dienstag ins Hohe Haus ruft, dürfte es Gedränge geben: Das Kultursekretariat NRW Gütersloh hat sich angekündigt, der Verband der Bibliotheken,  Theaterintendanten und Fachsprecher der Stadträte. Sie lassen sich die jüngsten Errungenschaften der Kulturpolitik vortragen. […] Kulturministerin Christina Kampmann fehlt auf der Gästeliste. […] Seit ihrem Amtsantritt im Herbst 2015 sei sie „in dem Feld nicht so richtig angekommen“. Im Landtag liege sie oft „haarscharf daneben”. […] Vorsichtig gesagt sei man ,.unterschiedlich zufrieden“ mit Kampmann, heißt es in der Fraktion.“

Neue Westfälische vom 23.03.2017

 

„Die Kosten für den Umbau des Düsseldorfer Polizeipräsidiums erhöhen sich von ursprünglich geplanten 93,32 Millionen Euro auf mindestens 157,24 Millionen Euro. Das geht aus einem Bericht hervor, den NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) für den Haushaltsausschuss des Landtages erstellt hat.“

WDR-Online vom 22.03.2017

 

„Amri: Gefährderstatus sollte verschwiegen werden. Düsseldorfer Ausschuss: Behörden warteten im Fall des Weihnachtsmarkt-Terroristen viele Monate. […] Das NRW-Innenministerium habe zwar darauf gedrungen, den Fall als eilig kenntlich zu machen, aber auf keinen Fall zu erwähnen, dass es sich um einen islamistischen Gefährder handele. Sie habe nachgefragt, ob sie die Eilbedürftigkeit mit dem Gefährderstatus begründen dürfe. Die Antwort sei gewesen, es lieber nicht eilig zu machen, als den Gefährderstatus zu erwähnen. Die Kölner Behörde war mit der Beschaffung von Passersatzpapieren für den Tunesier befasst.“

Kölnische Rundschau vom 22.03.2017

 

„Widerlegt wurde die offizielle Behauptung, die Passersatzpapiere für Amri seien am 21. Dezember, zwei Tage nach dem Berlin-Anschlag, in NRW eingetroffen. Tatsächlich wurde da bloß telefonisch bestätigt, dass Amri Tunesier ist. Die Papiere wurden nie ausgestellt! Denn sie gelten immer nur für einen konkreten Rückflug. Doch da war der Terrorist bereits tot.“

Bild-Zeitung Düsseldorf vom 22.03.2017

 

„Unabhängig davon, ob wirklich alle 38 Angeschuldigten am Ende rechtskräftig verurteilt werden – Burbach bleibt die Chiffre für organisierte Verantwortungslosigkeit, ein Schandmal für den Umgang mit Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen. Und man fragt sich, warum diese Vorfälle politisch nie wirklich mit Nachdruck aufgeklärt wurden und in höheren Etagen niemand dafür den Kopf hinhalten musste.“

Westfalenpost vom 22.03.2017

 

„CDU befragt hohen Beamten. Union will klären, was Jägers Abteilungsleiter über den Vorgang wusste. Die CDU im Düsseldorfer Landtag richtet ihren Fokus bei der Aufklärung des „Fall Wendt“ jetzt auch auf einen Spitzenbeamten des NRW-Innenministeriums. Bei der nächsten Sitzung des Innenausschusses am 30. März soll der Leiter der Polizeiabteilung, Wolfgang Düren, befragt werden. […] Die Union will nun wissen, ob Düren über diesen Vorgang informiert war und ob er selbst Gespräche in der Angelegenheit geführt hat. Die Landesregierung soll einen ausführlichen schriftlichen Bericht zu den Vorgängen vorlegen. Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte, er sei erst am 24, Februar darüber informiert worden, dass Wendt beim Land beschäftigt war, ohne tatsächlich Dienst zu leisten.“

Kölner Stadt-Anzeiger vom 22.03.2017

 

„Das Vorgehen von NRW-Familienministerin Christina Kampmann ist recht mutig – oder sollte man sagen: dreist? Denn niemand weiß, wie die Wahl am 14. Mai ausgeht und welche Parteien die nächste Regierung bilden. Gleichwohl tut die Ministerin so, als sei der (weitgehende) Fortfall der Elternbeiträge für die Kinderbetreuung so gut wie beschlossene Sache. Dem ist aber nicht so. Denn laut NRW-Verfassung gilt das Konnexitätsprinzip. Das bedeutet, dass das Land für einen finanziellen Ausgleich sorgen muss, wenn es den Kommunen kostspielige Aufgaben zuweist. Die optimistische Sicht der Familienministerin, hier zu einer Einigung mit den Städten und Kreisen zu kommen, ist wohl dem Wahlkampf geschuldet, hat aber nichts mit der harten Wirklichkeit zu tun. Abgesehen davon, dass die Kommunen nicht mitmachen wollen – die Beitragsfreiheit für alle ist auch gar nicht sinnvoll. Es gibt genügend Eltern, für die solche Gebühren kein Problem darstellen. Wer dagegen knapp bei Kasse ist, muss entlastet werden. Wichtig ist die soziale Staffelung der Beiträge.“

Rheinische Post vom 21.03.2017

 

„Die „beitragsfreie Bildung“ als SPD-Wahlkampfschlager könnte in wenigen Monaten einem Realitätstest unterzogen werden. Wenn – wie nun angekündigt – im Sommer fünf Kita-Betreuungsjahre für eine Kernzeit von 30 Wochenstunden gebührenfrei werden, sollte man im Finanzministerium schon mal die Rechner anwerfen. Nur: Wird es jemals dazu kommen? Bislang fehlen der SPD Geld quellen und ein Koalitionspartner zur Umsetzung. Die Grünen haben so deutlich wie nie gemacht, dass sie an der Seriosität des Wahlversprechens zweifeln. Bei FDP und CDU verhält es sich kaum anders. Doch die Sozialdemokraten haben das Thema „beitragsfreie Bildung“ derart überhöht, dass es kaum ein Zurück gibt. Sollte Ministerpräsidentin Kraft den Wahlsieg einfahren, wird sie nach Wegen zur Finanzierung suchen müssen. Notfalls erklingt im Herbst wieder der vertraute Hilferuf nach Berlin, damit bitte der Bund die Rechnung mitbezahlt.“

Westfälische Rundschau vom 21.03.2017

 

„Die These ist gewagt: NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) wertet den starken Rückgang der Zahl der verurteilten Jugendlichen als Effekt des rotgrünen Präventionsprogramms ‚Kein Kind zurücklassen‘ (Kekiz). Das ist ein vorschnelles Fazit, diese Bilanz ist verfrüht. So richtig es ist, Kinder möglichst früh zu unterstützen, um ihnen bessere Startchancen ins Leben zu geben, nach sieben Jahren kann diese Initiative nicht die Erklärung für weniger kriminell gewordene Jugendliche sein – zumal sie erst in einigen Jahren landesweit etabliert wird. Und auch wenn die Einbruchskriminalität leicht gesunken ist: Sie bleibt das größte Problem für die Bürger. Aber gerade auf diesem Gebiet muss moderne Polizeiarbeit für ein stärkeres Sicherheitsgefühl sorgen – und für Abschreckung. Das wäre die beste Ergänzung für Präventionsprogramme jeglicher Art.“

Westfälischer Anzeiger vom 21.03.2017

 

„Kinderbetreuung unentgeltlich- zumindest für 30 Stunden pro Woche. Dieses Wahlversprechen von NRW-Familienministerin Christina Kampmann (SPD) dürfte Eltern freuen. Zumal sich viele Väter und Mütter heute bereits fragen, warum sie für die frühkindliche Bildung zur Kasse gebeten werden, während andere Eltern den Studienplatz für ihre Söhne und Töchter umsonst bekommen. Gewinnen aber würden die Eltern von Kita-Kindern dadurch am Ende vermutlich nichts, denn die Betreuungsqualität und die Motivation der Erzieher würde so kaum erhöht.“

Westfalenpost vom 21.03.2017