Gemeinsame Landtagspräsidentenkonferenz erstmals in Vorarlberg und mit André Kuper

Bregenz/Feldkirch (VLK) – Gestern und heute (13. Juni 2017) tagten im Rahmen der Gemeinsamen Landtagspräsidentenkonferenz 2017 die Präsidentinnen und Präsidenten der Landtage von Deutschland und Österreich, des Parlaments der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und des österreichischen Bundesrats in Vorarlberg. Im Mittelpunkt der Tagung standen die EU und die Beziehungen der Regionalparlamente zur EU. Hieran nahm erstmals auch der neugewählte Landtagspräsident aus Nordrhein-Westfalen, André Kuper, teil.

Die deutschen und die österreichischen Landtagspräsidentinnen und -präsidenten treffen sich alle zwei Jahre, abwechselnd in Deutschland und Österreich, um parlamentarische Themen und Entwicklungen zu diskutieren, um Best-Practice-Beispiele auszutauschen und allenfalls auch Arbeitsgruppen über die Landesgrenzen hinweg einzusetzen.  „Wir können Beschlüsse fassen, Berichte zur Kenntnis nehmen, Vorstellungen bzw. Wünsche zu bestimmten Themen entwickeln oder uns im Rahmen von Fachvorträgen informieren lassen“, beschreibt Landtagspräsident Harald Sonderegger die Kompetenzen dieses grenzüberschreitenden Gremiums, dessen Mitglieder die Parlamente von insgesamt über 90 Millionen Menschen repräsentieren.

Auf der Tagesordnung der Konferenz im Montforthaus Feldkirch standen

1 )   das Weißbuch der Europäischen Kommission zur Zukunft Europas,

2 )   das Engagement der Landesparlamente im Ausschuss der Regionen (AdR) und im Kongress der Gemeinden und Regionen (KGRE),

3 )   Handlungsansätze für Landesparlamente im europäischen Mehrebenensystem – „Europapolitische Erklärung von Feldkirch“

4 )   Best-Practice-Beispiele für Jugendprojekte in Landesparlamenten und

5 )   Chancen und Risiken der Digitalisierung im Zusammenhang mit Angeboten und Arbeitsweisen der Regionalparlamente.

Montfort, Haus, Österreich, Foto, Maurice, Shourot, Fotograf, 2017, Juni, 13, 2017, Feldkirch

Montfort, Haus, Österreich, Foto, Maurice, Shourot, Fotograf, 2017, Juni, 13, 2017, Feldkirch

 

Tagesordnungspunkt 1.: Weißbuch der Europäischen Kommission zur Zukunft Europas

Die Europäische Kommission hat am 1. März 2017 – quasi als ihren Beitrag zum Gipfel am 25. März in Rom, mit dem der 60. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge begangen wurde – das Weißbuch zur Zukunft Europas vorgelegt, und damit einen breiten Diskussionsprozess darüber eingeleitet, wie und wohin sich die EU in Zukunft entwickeln soll. (Link zum Weißbuch als pdf: goo.gl/6ktZQP)

Alexander Winterstein, der Stellvertretende Chefsprecher der EU-Kommission, stellte den Präsidentinnen und Präsidenten die fünf Szenarien des Weißbuches sowie den in Aussicht genommenen Zeitplan zum Weißbuchprozess vor. Jedes Szenario bietet einen Ausblick, wo die Union im Jahr 2025 stehen könnte – je nachdem, welchen Kurs Europa einschlägt. Die Szenarien decken verschiedene Entwicklungswege ab und dienen der Veranschaulichung. Sie schließen sich aber weder gegenseitig aus, noch sind sie erschöpfend. Vor allem sind sie auch kombinierbar.

Im Zuge der Europakonferenz der deutschen Landtagspräsidentenkonferenz in Brüssel am 2./3. April dieses Jahres, an der Landtagspräident Sonderegger als österreichischer Vertreter teilnehmen durfte, hat der EU-Kommissar für Haushalt und Finanzen, Günther Oettinger, ausdrücklich dazu aufgerufen, dass sich die Landesparlamente mit ihrem spezifischen parlamentarischen Blickwinkel in die Diskussion zur weiteren Entwicklung der Europäischen Union einbringen sollen.

Die Szenarien wurden in der heutigen Konferenz rege diskutiert. Konsens bestand darüber, dass sich die Landesparlamente in den Entwicklungsprozess der EU einbringen sollen und wollen. Die Chance, die dieser Prozess für Europa und seine Bürgerinnen und Bürger bringt, soll genutzt werden, das Europäische Mehrebenensystem zu verbessern und vor allem die Verantwortlichkeiten im Sinne des Subsidiaritätsgedankens zu klären, damit das künftige Europa dem Gründungsgedanken einer wirtschaftlich starken Friedensunion wieder mehr und langfristig gerecht werden kann.

 

Tagesordnungspunkt 2.: Engagement der Landesparlamente im AdR und KGRE

Bereits bei der Gemeinsamen Landtagspräsidentenkonferenz 2013 in Krems wurde besprochen, dass sich die deutschen und die österreichischen Landtage verstärkt in Institutionen auf europäischer Ebene einbringen sollen. Aus diesem Anlass wurden der Vizepräsident und künftige Präsident des AdR, Karlheinz Lambertz, sowie die Präsidentin des KGRE und 2. Präsidentin des Salzburger Landtags, Gudrun Mosler-Törnström, zur Gemeinsamen Landtagspräsidentenkonferenz nach Feldkirch eingeladen. Sie stellten die jeweiligen Arbeitsschwerpunkte ihrer Institutionen vor. Die anschließende Diskussion hat aufgezeigt, dass die Präsidentinnen und Präsidenten durchaus noch Möglichkeiten sehen, wie sie sich persönlich bzw. als Regionalparlamente (noch) besser in die beiden Institutionen einbringen und dort verstärkt Anregungen, Wünschen, aber auch Feedback der von ihnen vertretenen Regionen positionieren können. Einmal mehr ist auch klar geworden, dass die Gemeinsame Landtagspräsidentenkonferenz, in der immerhin 27 Regionalparlamente durch ihre Präsidentin bzw. ihren Präsidenten vertreten sind, in und gegenüber Europa deutlich mehr Gewicht entwickeln kann, als dies einzelne Präsidentinnen bzw. Präsidenten könnten.

 

Tagesordnungspunkt 3.: Handlungsansätze für Landesparlamente im europäischen Mehrebenensystem – „Europapolitische Erklärung von Feldkirch“

Die Idee von Landtagspräsident Sonderegger, eine allfällige Feldkircher Erklärung aus dem Themenschwerpunkt „Europa“ vorzuschlagen, entstand vor zwei Jahren bei der letzten Gemeinsamen Landtagspräsidentenkonferenz in Heiligendamm. Europa und sein Mehrebenensystem begleiten Sonderegger nun mehr als 20 Jahre (heute als Vorsitzender des Europaausschusses, einst als Mitglied der Vorarlberger Landesregierung bzw. als Bürgermeister der Kleingemeinde Schlins): Immer wieder wurde er von der Bevölkerung mit den Wünschen an Europa und den Auswirkungen von Europa konfrontiert.

Um den Mehrwert von und in Europa zu lukrieren, müssen laut Landtagspräsident Sonderegger die vielen Ebenen zusammengeführt, verwoben und sichtbar gemacht werden – letztlich mit dem einzigen Ziel, einen friedvollen und lebenswerten Raum für die Bevölkerung zu sichern. Die „Europapolitische Erklärung von Feldkirch“ trägt eben dieser Zielsetzung in zehn Punkten Rechnung. Ihr Entwurf wurde in der deutschen und der österreichischen Landtagspräsidentenkonferenz umfassend vorberaten und diskutiert. Die Erklärung wurde heute einstimmig angenommen.

Der Konferenzvorsitz wird die Erklärung den angeführten Funktionsträgern in Europa sowie den nationalen und regionalen Regierungen und den nationalen Parlamenten von Deutschland und Österreich zukommen lassen.

Zum einstimmigen Beschluss der Erklärung hielt Landtagspräsident Sonderegger fest: „Die Gemeinsame Präsidentenkonferenz hat hiermit klar Stellung einerseits für ein starkes, gemeinsames und bürgernahes Europa, andererseits für einen konstruktiven und initiativen Gestaltungsprozess bezogen.“

 

Tagesordnungspunkt 4.: Jugendprojekte in Landesparlamenten – Bericht der Arbeitsgruppe

Die Gemeinsame Präsidentenkonferenz in Heiligendamm hat 2015 eine länderübergreifende „Arbeitsgruppe Jugendprojekte in den Landesparlamenten“ eingesetzt. Aufgabe der Arbeitsgruppe war der länderübergreifende Austausch von Best-Practice- Beispielen aus dem Bereich der Bildungsangebote der Landtage. Es sollten Vorschläge für die Professionalisierung der parlamentarischen Bildung unterbreitet werden. Über die Ergebnisse aus drei Sitzungen hat die Arbeitsgruppe heute berichtet. Als wesentlichstes Ergebnis wurde von der Arbeitsgruppe die zum besseren Austausch der Best-Practice-Beispiele eingerichtete Bildungscloud präsentiert, in der alle 27 beteiligten Parlamente ihre Formate digital und für alle abrufbar zusammengeführt haben.

Die technische Umsetzung der Bildungscloud hat Hamburg übernommen, die administrative Betreuung leistet Hessen. Aus urheberrechtlichen Gründen sind die Inhalte der Bildungscloud aber nur für die teilnehmenden Parlamente und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich.

Darüber hinaus haben sich die Präsidentinnen und Präsidenten darauf verständigt, die Tagesordnungspunkte Kinder- und Jugendprojekte in Landesparlamenten regelmäßig auf die Tagesordnung der Gemeinsamen Landtagspräsidentenkonferenzen zu nehmen.

 

Tagesordnungspunkt 5.: Chancen und Risiken der Digitalisierung – Bericht der Arbeitsgruppe

Die Gemeinsame Präsidentenkonferenz hat 2015 in Heiligendamm auch das Thema „Chancen und Risiken der Digitalisierung“ behandelt. Aus dem Thema heraus hat sich daraufhin eine Arbeitsgruppe formiert, die sich  mit folgenden Themen befasst hat:

– Soziale Medien
– Wikipedia
– Der langfristigen Umgang mit digitalen Inhalten (Sicherung und Zugänglichkeit)
– Die Förderung des Politikinteresses und zur Stärkung der Debattenkultur junger Menschen
– Fragen der Datensicherheit

Die Präsidentinnen und Präsidenten haben auch dieses Thema heute beraten. Es besteht Einigkeit, dass weiterhin ein Beratungsbedarf zu Chancen und Risiken des Internets im Zusammenhang mit Angeboten und Arbeitsweisen der Parlamente besteht. Die Arbeitsgruppe soll, so hat das die heutige Konferenz beschlossen, ihre Arbeit künftig unter dem Titel „Zukunft der Demokratie im digitalen Raum“ fortsetzen. Die nächste Arbeitsgruppensitzung wurde bereits für den 28./29. August 2017 in Schwerin in Aussicht gestellt.

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