Bilder von Johannes Kleinemas sind ein Schatz für die Stalag-Ausstellung

Wenn Johannes Kleinemas von dem Lager für sowjetische Kriegsgefangene in der Senne erzählt, dann spürt man, wie eng er in Gedanken mit diesem dunklen Kapital in der Geschichte des Kreises Gütersloh verbunden ist. „Ich bin oft mit dem Fahrrad dorthin hingefahren“, berichtet der 86-Jährige aus Verl. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat er das Gelände mit dem Internierungslager und späteren Unterkunft des Sozialwerks mit seiner Kamera fotografiert. Jetzt hat der Verler Zeitzeuge die historischen Aufnahmen der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne an den Vorsitzenden des Steuerungskreises André Kuper und den Geschäftsführer der Gedenkstätte Oliver Nickel übergeben. „Ich möchte der Nachwelt zeigen, was damals dort passiert ist“, begründete Kleinemas seinen Entschluss.

Für die Historiker und Mitarbeiter der Gedenkstätte in Stukenbrock sind die seltenen Fotoaufnahmen ein echter Schatz, um den Zustand des Ehrenfriedhofs und des Obelisken zu der damaligen Zeit detailgetreu zu dokumentieren. Entstanden sind die Aufnahmen in den Jahren 1949 und 1950. „Die Bilder sind einzigartig“, sagte Oliver Nickel. Zu erkennen sind bauliche Veränderungen, die im Laufe der Jahrzehnte vorgenommen wurden. So sieht der Obelisk auf dem Soldatenfriedhof heute ganz anders aus, als ursprünglich gebaut. „Selbst für mich sind einige Überraschungen dabei“, sagte Nickel, der zusammen mit dem Landtagspräsident André Kuper die Bilder in Empfang nahm: zehn Aufnahmen hat Kleinemas auf Holzplatten vergrößert, zudem etliche auf Papier sowie deren Originale. Der 86-Jährige überließ der Gedenkstätte zudem sämtliche Nutzungsrechte für die geplante Ausstellung. „Man kann Ihre damalige Arbeit und Ihre heutige Bereitschaft zur Übergabe und damit zur Veröffentlichung in der Gedenkstätte nicht hoch genug schätzen“, bedankte sich André Kuper.

Das Stalag 326 in Stukenbrock gilt als das größte Lager für sowjetische Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg auf deutschem Boden. Insgesamt waren dort etwa 300.000 Soldaten aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion inhaftiert. Mehr als 16.000 Tote sind identifiziert, insgesamt ist von bis zu 65.000 verstorbenen Soldaten die Rede. Für den heute 86-jährigen Johannes Kleinmas, dessen Eltern das gleichnamige Textilgeschäft an der Gütersloher Straße gründeten, gehörte das wenige Kilometer entfernte Lager zu seiner Kindheit: „Als Kind habe ich während des Zweiten Weltkriegs die Aufseher gefragt, ob ich den Kriegsgefangenen Butterbrote durch den Zaun aus Stacheldraht geben darf.“

Hintergrund:

Die Bilder von Johannes Kleinemas stellen einen weiteren wichtigen Beitrag zu der geplanten Erweiterung der Ausstellung in der Gedenkstätte auf dem ehemaligen Stalag-Gelände dar. Darüber sind sich der Landtagspräsident André Kuper und Geschäftsführer Oliver Nickel einig. Kuper leitet den regelmäßig tagenden Lenkungskreis, in dem sich Politiker aller Ebenen, Institutionen und andere Akteure der bisherigen Erinnerungsarbeit in Schloß Holte-Stukenbrock zusammengeschlossen haben.

Derzeit wird ein Konzept erarbeitet, in dem eine Ausstellung sowie museumspädagogische Programme entwickelt werden. Dargestellt werden soll nicht nur das Gelände als Stalag 326 während des Zweiten Weltkriegs, sondern auch die Nachkriegsgeschichte des Lagergeländes. Direkt nach Kriegsende war dort zunächst das Internierungslager „Eselheide“ für die Angeklagten der Nürnberger Prozesse eingerichtet. Später organisierten dort die Sozialverbände unter der Führung der nordrhein-westfälischen Landesregierung eine Unterkunft für Flüchtlinge und Vertriebene. „Wir sind unendlich dankbar, wenn wir auch noch von weiteren Privatleuten oder Einrichtungen alte Foto- oder Filmaufnahmen bekommen würden“, bittet André Kuper um die weitere Unterstützung aus der Bevölkerung.