Gedenken der Opfer der Flutkatastrophe vom Juli 2021 in NRW

Wir haben am heutigen Montag die Sommerpause unterbrochen, um in einer Sonder-Sitzung des Landtags der Opfer der Unwetterkatastrophe von Mitte Juli zu gedenken und über die Folgen der  Unwetterkatastrophe zu beraten. Vor dem Plenum sowie unseren Gästen, dem Generalkonsul und Doyen des Konsularischen Korps sowie Vertretern von Feuerwehren, der Polizei, dem Katastrophenschutz, Hilfsorganisationen sowie zahlreichen Freiwilligen, die in den Hochwassergebieten im Einsatz waren und immer noch sind, habe ich folgende Worte des Gedenkens gesprochen:

„Sehr verehrte, liebe Gäste,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen!

Unwetter mit unglaublichen Regenmassen führten Mitte Juli unser Land in eine Situation, die unvorstellbares Leid und unvorstellbare Verwüstungen mit sich gebracht haben. Menschen verloren nicht nur ihr Hab und Gut innerhalb weniger Stunden. Nein, viele Menschen verloren in dieser Katastrophe ihr Leben. Familien verloren Angehörige, verloren das Liebste…. Neben den menschlichen Opfern kam es zu Überschwemmungen, Unterspülungen, Deichbrüchen, zerstörten Straßen, Häusern, Betrieben, Gleisen, überlaufende Talsperren, großen Problemen mit Strom, mit Trinkwasser, Gas und Telefonnetzen. Diese Unwetterkatastrophe verursachte unfassbares Leid in Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Auch bei unseren Nachbarn in Belgien und den Niederlanden sind immense Schäden zu beklagen.

Heute, zu Beginn der Sonder-Plenarsitzung, gedenken wir der Opfer. Bei der Unwetterkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sind mehr als 180 Menschen gestorben, darunter allein 47 aus unserem Bundesland. Wir fühlen mit den Angehörigen und Familien, mit den Freunden und Bekannten der Verstorbenen. Die Schicksale bewegen uns, treffen uns bis ins Mark, die Bilder und Berichte der Zerstörungen und Verwüstungen machen uns, in Anbetracht der Macht der Naturgewalten, fassungslos. Besonders dramatisch ist die Tatsache, dass sich unter den Todesopfern auch vier Feuerwehrleute befinden. Sie starben, während sie anderen Menschen helfen wollten. Sie haben ihr Leben verloren, als sie das Leben anderer zu retten versuchten.

Die Erfahrung, wie sich Schmerz und Leere anfühlen, die der Tod hinterlässt, kennt wohl ein jeder von uns. Wie es aber ist, wenn eine Flutwelle alles unter sich begräbt und mit sich reißt – das können Außenstehende wohl kaum ermessen. Und doch sage ich heute, im Namen aller Abgeordneten: Unsere Herzen fühlen mit Ihnen. Wir sind Ihnen in der Trauer verbunden.
Angesichts der Opfer, der Trauer und des Ausmaßes an Leid und Zerstörung werden Landtag und Landesregierung gemeinsam zu einem Gedenkakt einladen.

Dass es nicht zu noch mehr Opfern gekommen ist, dass es nicht noch größere Schäden gab, ist sicher den Feuerwehren, der Polizei, dem Katastrophenschutz und Hilfsorganisationen wie beispielsweise dem Technischen Hilfswerk, DRK, Malteser, Johanniter, DLRG, ASB, AWO, Caritas, Paritätischer – aber auch unzähligen Landwirten, Handwerkern, Kommunalen sowie unserer Bundeswehr zu verdanken. Sie haben Unglaubliches geleistet. Unermüdlich und bis zur Erschöpfung haben sie den Kampf gegen die Wassermassen aufgenommen. Viele Menschen konnten so noch in Sicherheit gebracht werden.

Was sich in den bald vier Wochen seit der Flutkatastrophe an ehrenamtlicher und hauptamtlicher Hilfe entwickelt hat, hat mich, hat uns, tief beeindruckt. Alle arbeiten bis zur Erschöpfung – auch in dieser Stunde, in der wir hier zusammenkommen.

Aber es sind nicht nur die haupt- und ehrenamtlichen Kräfte der Organisationen – beeindruckend ist das Engagement vieler Menschen aus ganz Nordrhein-Westfalen, aus Deutschland und darüber hinaus. Menschen, die einfach nur helfen wollen. So auch aus meiner Heimatregion, wie auch viele unserer Abgeordneten. Sie wurden tätig und ohne großes Aufheben zu machen, aktiv. So wurden Helferportale ins Leben gerufen. Geld- und Sachspenden gesammelt, vor allem aber auch mit „helfenden Händen“ vor Ort zur Schaufel gegriffen. Es wirken tausende Freiwillige mit, Schutt- und Sperrmüllberge abzutragen, Häuser zu entschlammen und zu entkernen, ein bisschen Normalität herzustellen, damit der Wiederaufbau beginnen kann.

Diese Solidarität, diese Hilfe, diese großartige Unterstützung von allen Seiten hat mir, hat uns gezeigt, dass das Miteinander in unserem Land, in unserer Gesellschaft, vor allem in Notsituationen, groß ist. Dies macht Mut und verringert vielleicht den Grad der Verzweiflung des Einzelnen. Und dafür können wir alle nur dankbar sein.

Stellvertretend für alle, kann ich zur heutigen Plenarsitzung einige Repräsentanten der vorhin schon von mir genannten Organisationen auf der Besuchertribüne begrüßen. Ihnen gilt unser erster Dank, Ihnen zollen wir unsere Hochachtung für Ihren Einsatz. Diesen Dank richte ich stellvertretend auch deutlich an unsere Nachbarn in Polen, die hier mit ihrem Generalkonsul und Doyen des Konsularischen Korps vertreten sind. Sie haben schnell technische Hilfe geleistet und an verschiedenen Stellen Geld gesammelt.

Das alles ist gelebte Solidarität und zeigt, dass der europäische Gedanke, auch und besonders von Mensch zu Mensch, gerade in Krisenzeiten, lebendig ist. Ferner ist es mir ein Anliegen, Ihnen allen mitzuteilen, dass uns etliche Briefe der Anteilnahme aus Deutschland, Europa und der Welt erreicht haben. Das alles zeigt: Die Betroffenheit ist groß und ebenso die Anteilnahme.

Heute nun sind wir zur Unterrichtung der Landesregierung über die Folgen und Maßnahmen des Unwetters zu dieser Sondersitzung des Landtags zusammengekommen. Meine Damen und Herren, uns allen ist klar, das ganze Ausmaß der Zerstörung wiegt schwer, zehntausende Menschen sind betroffen. Ohne den Beratungen gleich vorwegzugreifen, sage ich den Betroffenen im Namen aller Abgeordneten: Die Aufarbeitung der Ursachen und Folgen der Katastrophe hat bereits begonnen und sie wird weiter die Arbeit unseres Landtags begleiten. Mir ist bewusst, dass wird keine leichte Aufgabe. Aber dieses Parlament wird an Ihrer Seite stehen. Sie sind nicht allein!

Nun bitte ich Sie darum, in einer Schweigeminute auf Ihren Plätzen coronakonform innezuhalten, um der Opfer der Flutkatastrophe vom Juli 2021 zu gedenken. In dieses Gedenken beziehen wir alle Opfer der aktuellen Brandkatastrophen in der Welt mit ein.“

Bild: Hartmann/Landtag NRW