Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen – CDU-Antrag

Auf Initiative des im südl. Kreis Gütersloh direkt gewählten Landtagsabgeordneten André Kuper hat die CDU-Landtagsfraktion heute ein deutliches Signal zur stärkeren Unterstützung der Kommunen in NRW bei der Unterbringung von Flüchtlingen gesetzt.

In einem Interview bei RTL-Fernsehen erläuterte der stellvertretende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion die Ziele und Hintergründe dieses Antrages:

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Antrag  der Fraktion der CDU
Städte und Gemeinden bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen!

I. Der Landtag stellt fest

Die Bundesrepublik Deutschland hat das modernste und liberalste Asylrecht der Welt. Durch Artikel 16a des Grundgesetzes wird politisch Verfolgten ein individueller Anspruch auf Asyl mit Verfassungsrang eingeräumt. Auch Nordrhein-Westfalen soll für eine humane Asylsozialpolitik stehen. Der rapide steigende Zugang von Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern stellt hierbei unsere Städte und Gemeinden vor große Herausforderungen.

Im Jahr 2014 wurden insgesamt 202.834 Asylanträge gestellt, rund 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Jeder fünfte Asylbewerber kam aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Auf Platz zwei der Herkunftsländer folgten Serbien (27.148), Eritrea (13.253) und Afghanistan (9.673). An die nordrhein-westfälischen Kommunen wurden im vergangenen Jahr 42.200 Flüchtlinge zugewiesen. Während die Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom Januar 2014 noch von 140.000 neuen Asylbewerbern nach Deutschland ausgeht, prognostizierte es im Februar dieses Jahres mehr als 300.000 Asylbewerber im Jahr 2015. Auch das nordrhein-westfälische Innenministerium korrigierte die erwartete Anzahl an Asylbewerbern auf 53.000 Erstantragsteller im Jahr 2015. Laut aktuellen Prognosen muss sich Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr auf deutlich mehr Flüchtlinge vorbereiten als zunächst gedacht: Statt der zu erwartenden 43.000 Erstanträge auf Asyl rechnen die Behörden jetzt mit 10.000 Anträgen mehr. Zusammen mit Folgeanträgen werden sich voraussichtlich rund 60.000 Menschen in Nordrhein-Westfalen um Asyl bewerben.

Der Andrang von Flüchtlingen ist seit dem Herbst 2014 das beherrschende Thema in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Am 9. Februar 2015 veröffentlichte das Bundesinnenministerium aktuelle Zahlen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stieg die Zahl der Asylbewerber im Januar 2015 um fast 73 Prozent auf 21.679 Menschen, die erstmals einen Asylantrag stellten sowie 3.300 auf Menschen, die einen Folgeantrag stellten. Allein am 02. Februar 2015 sind 800 Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen angekommen. „So viel wie noch nie an einem Tag“, so der Pressesprecher der Bezirksregierung Arnsberg. Täglich weise die Bezirksregierung Arnsberg den Kommunen eine dreistellige Zahl von Flüchtlingen zu. Das sichtbarste Problem sei es, Unterkünfte zu finden.

Im Januar und Februar 2015 war insbesondere ein sprunghafter Anstieg der Asylbewerberzahlen aus dem Kosovo zu verzeichnen. Während im Januar 2014 bundesweit noch 451 Erstantragsteller aus dem Kosovo registriert wurden, waren es im Januar 2015 bereits 3.034. Dies entspricht einer Steigerungsrate von 573 Prozent.  Nachdem zu Beginn des Monats Februar 2015 die Zuwanderungszahlen aus dem Kosovo noch einmal deutlich angestiegen sind, ist es in einigen Bundesländern, darunter auch das Land Nordrhein-Westfalen, erforderlich geworden, kurzfristig weitere Unterbringungskapazitäten für die jeweiligen Erstaufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Dazu ist der Innenminister in zwei Schreiben mit der Aufforderung an die Regierungspräsidenten herangetreten, sicherzustellen, dass Kapazitäten für 300 bis 500 Flüchtlinge pro Regierungsbezirk geschaffen werden, wobei eine Rückmeldefrist von lediglich 48 Stunden vorgegeben wird. Eine vorübergehende Abweichung von Standards soll in Kauf genommen werden können. Zudem wird ausdrücklich betont, dass Kommunen seitens der Bezirksregierung Arnsberg im Wege der Pflicht zur Amtshilfe gemäß § 4 ff. VwVfG NRW in Anspruch genommen werden können. Gleichzeitig wurde in der Stadt Olpe durch die Bezirksregierung Arnsberg eine ehemalige Kolping-Familienferienstätte beschlagnahmt und binnen weniger Tage eine Notunterkunft eingerichtet.

Im November 2014 haben die Bundesregierung und die Bundesländer vereinbart, den Ländern und Kommunen leer stehende bundeseigene Gebäude zur Unterbringung von Flüchtlingen mietfrei zur Verfügung zu stellen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIMA) setzt dies jetzt um. Damit leistet zumindest der Bund eine wichtige Hilfe für die Kommunen zur Unterbringung von Flüchtlingen. Zusätzlich wurden Maßnahmen zur zeitlichen Straffung der Asylverfahren umgesetzt, durch Personalaufstockungen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sowie eine Priorisierung bei der Beantragung von aussichtslosen Asylanträgen von Menschen aus dem Kosovo. Die Dauer der Asylverfahren in Deutschland hat sich durch Maßnahmen der Bundesregierung verringert. Während bei den im Juli 2014 entschiedenen Anträgen die Verfahren durchschnittlich noch 7,7 Monate dauerten, waren es bei den Entscheidungen im Dezember noch 5,7 Monate. Dennoch stehen die Kommunen weiterhin vor der Herausforderung, die Flüchtlinge angemessen aufzunehmen.

Die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden haben aktuell massivste Probleme, den Zugang an Flüchtlingen und Asylbewerbern zu bewältigen, insbesondere bei der Beschaffung von Wohnraum. Die Schaffung eines Schutzraumes für Flüchtlinge ist eine gesamtgesellschaftliche, aber eben auch eine flächendeckende Herausforderung. Darüber hinaus steigen in entsprechendem Maße die Kosten für Unterbringung, ärztliche Versorgung, Finanzierung von Sprachkursen usw. rasant an. Auch die Kosten für die abgelehnten, aber geduldeten Asylbewerber, die die Kommunen zu tragen haben, steigen immens an. Die Kommunen müssen allein für die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen rund 500 Millionen Euro pro Jahr aufbringen.

Auf die Kleine Anfrage 3041 vom 13.01.2015 teilte die Landesregierung am 17.02.2015 mit, dass die durchschnittliche Verweildauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes aktuell lediglich 14 Tage beträgt. Innerhalb dieses Zeitraumes kann keinesfalls eine weitgehende Erfassung wie Bewertung von Asylanträgen durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stattfinden. Als Folge gelangen heute viele tausende bzw. zehntausende Bewerber aus den sog. sicheren Herkunftsländern ohne erkennbaren Anspruch auf Asyl in die Kommunen. Sie erhöhen den Unterkunftsdruck auf die Kommunen. Das führt dazu, dass für die wirklich Bedürftigen Antragstellerinnen und Antragsteller die Unterbringungssituation erschwert wird und eine wirkliche Willkommenskultur immer schwieriger realisierbar wird.

II. Der Landtag beschließt:

Der Landtag fordert die Landesregierung auf,

  1. sich zur Verpflichtung zur Aufnahme von Asylbewerbern aus politischen und humanitären Gründen zu bekennen und eine gute Aufnahme von Verfolgten in Nordrhein-Westfalen zu gewährleisten und gleichzeitig für eine gute Integration von anerkannten Asylbewerbern und Flüchtlingen zu sorgen. Notwendig ist dafür auch eine weitere Verfahrensbeschleunigung bei der Bearbeitung der Asylanträge durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Nur so kann sichergestellt werden, dass eine Entscheidung über Asylanträge während des Verbleibs in einer Landeseinrichtung gesichert ist;
  2. sicherzustellen, dass die durchschnittliche Verweildauer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten des Bundesrechtes (bis zu 3 Monaten) vermehrt ausgeschöpft wird, um eine Erfassung und Bearbeitung durch das BAMF in dieser Zeit in der zentralen Landeseinrichtung durchzuführen, damit klar unberechtigte Anträge auch durch eine zeitnahe Rückführung aus der Landeseinrichtung begleitet werden können und keine Verteilung in die Kommunen erfolgt. Dies kann die Kommunen deutlich entlasten und Flüchtlingen zeitnah Klarheit über ihren Aufenthaltsstatus bringen;
  3. im Zusammenwirken mit den Kommunen für Asylbewerber und Flüchtlinge ein präventiv und nachhaltig wirkendes Konzept zur Schaffung von ausreichenden Plätzen in den zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes zu erarbeiten, das auch Notfallkapazitäten für eine krisenhafte Entwicklung der Flüchtlingszahlen vorsieht;
  4. die Kapazitäten der Regelunterbringungsplätze in Landeseinrichtungen perspektivisch deutlich zu erhöhen, mit der entsprechenden Mittelbereitstellung. Ziel soll es sein, die maximal mögliche Unterbringung in einer Zentraleinrichtung insoweit auszuschöpfen, dass eine Bescheidung durch das BAMF möglich wird (max. 3 Monate). Die geeignete Standortsuche muss dabei im engen Schulterschluss zwischen dem Land und den Kommunen erfolgen. Die Kommunen werden hierzu auch im eigenen Interesse aufgefordert, die Bemühungen um neue Landeseinrichtungen in ihren Städten oder Gemeinden zu erhöhen. Beschlagnahmeanordnungen wie in Olpe dürfen nur als absolute Ultima Ratio getroffen werden, da andernfalls die Akzeptanz der Bevölkerung für entsprechende Einrichtungen fahrlässig auf Spiel gesetzt wird;
  5. eine Flexibilisierung der Zuteilung und die gegenseitige Unterstützung zwischen Städten und Gemeinden und Kreise im Rahmen interkommunaler Kooperationen für den Flüchtlingsbereich zu fördern und rechtliche Hindernisse abzubauen;
  6. für eine angemessene Finanzierung der Flüchtlingsversorgung der Städte und Gemeinden zu sorgen und dabei insbesondere:
    a)    die von der Bundesregierung bereitgestellten Mittel zur Unterstützung bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen in der Gesamthöhe des Anteils Nordrhein-Westfalen in Höhe von 108 Millionen Euro an die Kommunen weiterzuleiten. Eine Finanzierung eigener angekündigter Maßnahmen der Landesregierung zur Verbesserung der Flüchtlingsfinanzierung hat nicht über die von Bund und Ländern vereinbarten Bundesmitteln zu erfolgen;
    b)    die Pauschalerstattung des Landes über das Flüchtlingsaufnahmegesetz Nordrhein-Westfalen hat aufgrund aktuell möglichster Zahlen zu erfolgen. Eine Pauschalerstattung auf Basis des 1.1. des Vorjahres berücksichtigt nicht die tatsächliche Belastung der kommunalen Haushalte bei den aktuell steigenden Flüchtlingszahlen;
    c)    Mit den Kommunalen Spitzenverbänden wird möglichst zeitnah eine Lösung zur Finanzierung der Kosten für die  Unterbringung und Versorgung sog. geduldeter Flüchtlinge angestrebt. Die derzeitige Praxis, dass die Kommunen die Kosten für mehr als 40.000 geduldete Flüchtlinge vollständig alleine zu tragen haben ist nicht länger hinnehmbar;
    d) neben der bereits bestehenden Förderung der NRW-Bank durch Darlehen zur Finanzierung kommunaler Investitionen in den Erwerb, den Bau und die Modernisierung von Flüchtlingsunterkünften soll zusätzlich von der NRW-Bank ein Sonderprogramm zur Förderung von Wohnraum für Flüchtlinge ausgelegt werden, um die Wohnraumversorgung nachhaltig zu verbessern – in Form von Darlehen für Investitionskosten auch für private Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte von Gebäuden, die diese für die Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrende herrichten.