21 Mrz Bewegender Infoabend zum Ukraine-Konflikt
Es sind bewegende Bilder, die tiefe Spuren hinterlassen haben und die man nicht mehr vergisst. Die aktive Begleitung eines Hilfstransportes in die Ukraine vor wenigen Tagen lässt mich nicht mehr los. Um über historische Grundlagen zu informieren und um Informationen aus erster Hand an interessierte Bürgerinnen und Bürger zu vermitteln, gab es auf meine Initiative hin einen Diskussionsabend in der Basilika des Bibeldorfes der evangelischen Kirchengemeinde Rietberg. Dessen Leiter, das Pastorenehepaar Dietrich und Eva Fricke, unterstützt bereits seit Jahren ein Krankenhaus im ukrainischen Lemberg (Lwiw).
Rund 130 Interessenten waren der Einladung gefolgt, um dem jahrzehntelangen heimischen Europaabgeordneten Elmar Brok, tiefer Kenner der Verhältnisse in Osteuropa, um der ukrainischen Generalkonsulin in Düsseldorf, Iryna Shum, und ihrem polnischen Amtskollegen Jakub Wawrzyniak zu lauschen und gezielt Fragen zu stellen. Auch Landeskirchenrat Dr. Albrecht Philipps ergriff kurz das Wort im Rahmen des bewegenden Abends.
Viele Jahre bin ich als Stellvertretender Fraktionsvorsitzender zuständig für die Flüchtlingspolitik gewesen, ich habe Lampedusa und das zweitgrößte Flüchtlingslager Zaatari in Jordanien besucht, doch dieser Krieg mitten in Europa ist im Herzen gefühlt noch einmal etwas ganz anderes. Als Vorsitzender der Parlamentariergruppe Osteuropa 2019 bin ich bereits in Kiew gewesen und habe dort mit Parlaments- und Regierungsvertretern sowie mit Bürgermeister Vitali Klitschko über die Unabhängigkeit, Demokratie, Frieden und Freiheit sowie Möglichkeiten der Stadt- und Raumentwicklung sowie eine stärkere Anbindung an die EU diskutiert.
Jetzt stehen unsere Freunde unter russischen Raketenbeschuss, sie sterben für die Demokratie, den Frieden und die Freiheit, auch für uns. Die Menschen in der Ukraine halten ihren Rücken hin für den Schutz Westeuropas. Ein Blick in die Augen der Flüchtenden im Grenzland genügt, um deren fürchterlichen Erlebnisse nachzufühlen.
Alle sollten in Deutschland ein offenes Herz haben gerade für die Frauen und Kinder, die nun sichere Regionen erreichten. Letztlich sind schon 10 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainerinnen auf der Flucht vor dem Krieg. Informationen aus dem gebeutelten Land vermittelte Iryna Shum, die auch betonte: „Ich danke, dass sie alle hier sind. Ihr Interesse ist mir und meinen Landsleuten sehr wichtig. Die russische Armee unterscheidet nicht zwischen zivilen und militärischen Zielen. Schlimmeres als einen Krieg, der in die Heimat kommt, kann man sich nicht vorstellen. Unsere Männer und Frauen sind so voller Tapferkeit und Mut, ich bin so stolz auf meine Landsleute. Mein Dank gilt allen hier, die ermöglichen, dass unsere Flüchtenden sich nicht nur sicher fühlen, sondern auch willkommen.“
Ähnlich äußerte sich der polnische Generalkonsul Jakub Wawrzyniak: „Ich bin sehr dankbar für diese Bereitschaft, Häuser und Herzen für die Menschen aus der Ukraine zu öffnen. Hier passiert gerade etwas von historischem Charakter. Wir hatten auch nach 1945 für 44 weitere Jahre nicht das Glück, in Frieden, Freiheit und Demokratie zu leben und waren unterjocht. Wir in Polen wissen aber mittlerweile wie es ist, sich endlich frei zu fühlen.“
Er wünschte sich, das Erbe der polnischen Gewerkschaft Solidarnosc weitertragen zu können in die Ukraine. Polen habe bereits über 2 Millionen Flüchtende aufgenommen, bis Ende März könnte es mehr als die doppelte Zahl sein. „Aber wir müssen, sollen und werden bei uns solidarisch sein und den Kämpfenden die Sorge nehmen, dass ihre Frauen und Kinder vielleicht nicht gut versorgt sind“, so der Diplomat.
Einen geschichtlichen Exkurs und klare Worte gab es von Elmar Brok, Mitglied des Europaparlamentes von 1980 bis 2019. „Man muss eine eigene militärische Stärke haben, die haben wir nicht. Der Gegner muss immer wissen: Wenn man angreift, tut´s weh. Bei uns ist offenbar mit dem Mauerfall der ewige Frieden ausgebrochen. Es muss allen klar sein, dass wir zusammen mit unseren Verbündeten wieder eine Landesverteidigung brauchen. Und wir müssen uns daran erinnern, dass wir stark sind, das ist die Sicherung des Friedens.“