04 Sep Informationen zur Möglichkeit der Nutzung der NRW-Gesundheitskarte für Asylbewerber in den Kommunen
Bis heute müssen die Flüchtlinge im Falle der Notwendigkeit eines Arztbesuches in die jeweilige Stadtverwaltung und bekommen dort nach Prüfung einen Behandlungsschein. Die Kosten für die entstehende Behandlung sind von den Kommunen zu bezahlen und werden somit aus kommunalen Mitteln finanziert.
Zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes wird nunmehr in NRW entsprechend einer Rahmenvereinbarung die Einführung der elektronischen Versichertenkarte für Flüchtlinge angeboten. Hierzu ist ein Vertrag zwischen der jeweiligen Stadt (i.d.R. per Ratsbeschluss) und der gewünschten Krankenkasse notwendig. Die Rahmenbedingungen sind jetzt zwischen dem Land, den Kommunalen Spitzenverbänden und Krankenkassen vereinbart worden.
Das MGEPA hat in Abstimmung mit interessierten Krankenkassen sowie den Kommunalen Spitzenverbänden bzw. einzelnen Kommunen in den letzten Monaten den Text einer Landesrahmenvereinbarung nach dem so genannten „Bremer Modell“ gemäß § 264 Abs. 1 SGB V i. V. mit den §§ 1, 1a AsylbLG erarbeitet.
Allerdings sind die für NRW getroffenen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Höhe der Verwaltungskostenpauschale und des Leistungsumfanges für die Flüchtlinge von denen in Bremen abweichend.
Am vergangenen Freitag ist eine Rahmenvereinbarung zur Übernahme der Gesundheitsversorgung für Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch gesetzliche Krankenkassen für NRW vereinbart. Krankenkassen und die kommunale Seite haben sich dazu im Laufe des Abstimmungsprozesses konstruktiv aufeinander zubewegt, um eine für beide Seiten praktikable und möglichst bürokratiearme Regelung zu finden.
Zielsetzungen der Rahmenvereinbarungen soll sein:
- Flüchtlingen den Zugang zum Gesundheitssystem zu vereinfachen,
- die Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung zu erhöhen und gleichzeitig
- die Gemeinden nachhaltig von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.
In den letzten Monaten haben vielen Kommunen ein großes Interesse an der Umsetzung des Bremer Modells in Nordrhein-Westfalen signalisiert. In einigen Städten und Gemeinden liegen bereits Ausschuss- oder Ratsbeschlüsse zu dieser Thematik vor.
Die abgeschlossene Rahmenvereinbarung, weitere erläuternde Unterlagen sowie eine Kurzzusammenfassung sind am Ende des Textes als pdf-Dateien downloadbar und nachlesbar:
Sachverhalt bundesweit:
Mit den Regelungen der §§ 4 und 6 AsylbLG hat der Bundesgesetzgeber eine bundeseinheitliche Festlegung des Leistungsumfangs der Gesundheitsleistungen für die Bezieher von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG getroffen.
Darüber hinaus ist die Bundesregierung als Ergebnis des Bund-Länder-Flüchtlingsgipfels bestrebt, interessierten Flächenstaaten die Einführung einer Gesundheitskarte für den genannten Personenkreis entsprechend dem „Bremer Modell“ zu erleichtern. Dieses Modell, das eine Versorgung mit den Gesundheitsleistungen nach §§ 4 und 6 AsylbLG durch gesetzliche Krankenkassen aufgrund einer Vereinbarung nach § 264 Absatz 1 SGB V vorsieht, wird bislang nur in einzelnen Stadtstaaten (Bremen, Hamburg) praktiziert.
Die Bundesregierung prüft im Anschluss an den Flüchtlingsgipfel gemeinsam mit den Ländern, wie im Rahmen einer Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund einer Vereinbarung nach § 264 Absatz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) die schon jetzt mögliche und zum Teil praktizierte Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber durch mögliche gesetzliche Regelungen erleichtert werden kann.
Einführung der NRW-Gesundheitskarte:
- Die Rahmenvereinbarung, zwischen dem Land und den 8 großen Krankenkassen zur Gesundheitskarte für Asylbewerber wurde am Freitag, 28.08.2015 geschlossen
- Möglichkeit einer Abwicklung der gesundheitlichen Versorgung von Asylbewerbern über die Krankenkassen unter Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte
- Verwaltungskostenpauschale zahlbar durch die Kommunen: 8 % vom zugebilligten Leistungsvolumen, mindestens aber 10 € monatlich je Leistungsberechtigtem
- eigene Entscheidung einer jeden Kommune für oder gegen einen Beitritt zu dieser Rahmenvereinbarung
Empfänger:
- die Gesundheitskarte erhalten nur Flüchtlinge, die den Gemeinden endgültig zugewiesen wurden.
- Asylbewerber erhalten keine Gesundheitskarte solange sie in Erstaufnahmeeinrichtungen und Zentralen Unterbringungseinrichtungen bzw. Notunterkünften untergebracht werden
- eine Unterscheidung zwischen den Flüchtlingen mit guter oder schlechter Bleibeperspektive erfolgt nicht, alle Flüchtlinge sollen von der G-Karte NRW profitieren. Der Gemeinde steht es jedoch frei, in begründeten Einzelfällen Flüchtlinge nicht bei der betreffenden Krankenkasse anzumelden.
Was sind die Vor- oder Nachteile (Eigene Beurteilung)
Vorteile:
- Chance, den durch die Fallzahlen überlasteten Verwaltungsablauf in den Kommunen durch Zugriff auf die Struktur der Kassen zu entlasten und zugleich die Rabatt- und Pauschalsysteme der Kassen zu nutzen.
- Kommunalfreundlich – keine Belastung der Ausländerbehörden mit Vorprüfung
- Entlastung von Verantwortung, da Bedarfsprüfung nach den §§ 4 und 6 AsylbLG durch die Ausländerbehörden, vor der ärztlichen Untersuchung nicht mehr notwendig ist.
Nachteile:
- Mögliche Leistungsausweitung im weiteren Verlauf: Risiko einer Kostensteigerung angesichts des Zuschnittes der Verwaltungskostenpauschale und der faktischen Eröffnung des Zugriffs auf das Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung.
- Monatliche Abschlagszahlungen an die Krankenkasse von 200 Euro je Flüchtling
- Die Verwaltungskostenpauschale kann sich deutlich kostenintensiv entwickeln
(z.B: Kosten lebensnotwendiger Herz-OP von rd. 120.000 Euro = Verwaltungskostenpauschale 8 % = 9.600 Euro) - Der Ausnahmekatalog in Anlage 1 zur Rahmenvereinbarung ist stark ausgedünnt, wodurch die Flüchtlinge den GKV-Versicherten in der Leistung gleichgestellt werden; allerdings sind die Flüchtlinge nicht zuzahlungsbelastet
- Anreizfunktion: für mögliche Asylbewerber („In Deutschland gibt’s eine Karte, mit der man kostenlos zum Arzt geht.“). Bei einer Prognose von 800.000 Asylbewerbern könnte dies ein weiteres Signal sein.
- Keine Veränderung der Refinanzierung: Die gesamten Behandlungskosten zuzüglich der Verwaltungskostenpauschale (8 % d. Behdlgskosten) der Krankenkasse von mindestens 10 € monatlich je Flüchtling sind nach wie vor von der jeweiligen Stadt zu finanzieren.
(Ausnahme: Nur sofern eine Einzelbehandlung in einem Jahr mehr als 70.000 Euro beträgt, werden die 70.000 Euro übersteigenden Kosten auf Antrag zum 1.1. des Folgejahres und danach 3 Monate später vom Land an die Kommune erstattet)
Spiegel vom 19.09.2015: „Patienten zweiter Klasse„
FAQ elektronische Gesundheitskarte Stand 27 08 15