06 Sep André Kuper: Kommentar zum ‚Zinsswaps-Urteil‘
„Die Verluste aus Zinsswaps sind Teil des Problems der Finanzsituation der Kommunen.
Daher ist es zu begrüßen, dass nun rechtliche Klarheit für diese besteht. Momentan aber ist das Thema Zinsswaps für die Kommunen kein Thema mehr, weil aufgrund der niedrigen Zinsen derzeit die Kreditversorgung zu günstigen Konditionen gesichert ist.
Bei den prognostizierten steigenden Zinsen besteht zukünftig aber Handlungsbedarf. Rechtzeitig muss geprüft werden, ob Verluste durch spekulative Geschäfte, wie Zinsswaps, zum Beispiel über ein kommunales „Spekulationsverbot“ in der GO vermieden werden können.
Die Kommunen müssen vor zukünftigen Problemen bei der Finanzierung ihrer Schulden bewahrt werden.“
Erläuterung zum Zinsswap aus Wikipedia:
Ein Zinsswap ist ein Zinsderivat, bei dem zwei Vertragspartner vereinbaren, zu bestimmten zukünftigen Zeitpunkten Zinszahlungen auf festgelegte Nennbeträge auszutauschen. Die Zinszahlungen werden meist so festgesetzt, dass eine Partei einen bei Vertragsabschluss fixierten (festgesetzten) Festzinssatz zahlt, die andere Partei hingegen einen variablen Zinssatz (Plain Vanilla Swap). Der variable Zinssatz orientiert sich an den üblichen Referenzzinssätzen im Interbankengeschäft. Zinsswaps werden sowohl zur Absicherung gegen Zinsänderungsrisiken als auch als Spekulationsinvestment genutzt.
Optionen auf Zinsswaps werden Swaptions genannt.
Zinsswaps sind Over-the-counter-Geschäfte: Sie sind nicht wie zum Beispiel Futures genormt, sondern werden zwischen den Vertragsparteien individuell ausgehandelt. Trotzdem gelten im Swap-Markt die Definitionen der International Swaps and Derivatives Association als Standard-Vertragswerk. Diese werden im Allgemeinen mit einem Rahmenvertrag zwischen den Vertragspartnern derart festgeschrieben, dass in dem einzelnen Swap lediglich auf den Rahmenvertrag Bezug genommen werden muss.
Bei einem Swap verpflichten sich beide Vertragsparteien, jeweils entweder einen fixen oder variablen Zinssatz auf einen bestimmten Nennwert an die jeweils andere Vertragspartei zu zahlen. Es ist möglich, dass die Nennwerte der beiden Parteien nicht übereinstimmen oder auf verschiedenen Währungen lauten.
Um den Verwaltungsaufwand gering zu halten und den Verlust zu minimieren, der bei einem Ausfall des Kontrahenten entstehen könnte, werden nicht die kompletten Zinszahlungen getauscht. Stattdessen wird nur die Differenz zwischen den beiden Zinszahlungen gezahlt. Dies wird als Netting bezeichnet.
Bei der geläufigsten Form des Swaps wird ein variabler Zinssatz gegen einen fixen Zinssatz getauscht. Während der variable Zinssatz sich an Indices wie zum Beispiel dem 3-Monats-Euribor orientiert und sich über die Laufzeit des Swaps ändert, bleibt der fixe Zinssatz über die Laufzeit fest. Dabei wird der fixe Zinssatz so gewählt, dass der Marktwert des Swaps 0 ist.
Ändert sich der variable Zinssatz, wird der zu zahlende variable Zinsbetrag nicht täglich angepasst. Dies geschieht nur an bestimmten Terminen. An diesen Fixing-Terminen wird der variable Zinssatz an den zu Grunde liegenden Index-Zinssatz angepasst bzw. gefixt. Für den Zeitraum bis zum nächsten Fixing wird dann von dem variabel zahlenden Vertragspartner der aus diesem Zinssatz errechnete Zins gezahlt.
Zinsswaps enthalten sowohl Marktpreis- als auch Kreditrisiken:
- Kreditrisiko: Da bei Zinsswaps nur die Zinsdifferenz zwischen dem fixen und dem variablen Zinssatz zu zahlen ist, beschränkt sich das Kreditrisiko zum Zinszahlungszeitpunkt für den Differenzempfänger lediglich auf diese Differenz. Der Differenzzahler ist keinem Zinsrisiko ausgesetzt. Darüber hinaus besteht ein Wiederbeschaffungsrisiko für die Partei, deren Swap einen positiven Barwert aufweist: Fällt der Vertragspartner aus, so kann diese Partei den Erfolg des Swaps nicht erhalten. Oder muss, um einen Swap mit den gleichen Konditionen mit einem solventen Partner neu abzuschließen, gerade den Barwert als Ausgleich an den neuen Kontrahenten zahlen.
- Marktpreisrisiko: Ein Swap ist dem Marktpreisrisiko ausgesetzt: Ändert sich der Marktzins, so ändert sich dadurch der Diskontfaktor, mit dem aus den Zinszahlungsströmen der Barwert des Swaps berechnet wird. Dabei ist im Wesentlichen die fixe Seite des Swaps mit dem Marktrisiko behaftet. Auf der variablen Seite des Swaps wirkt sich eine Zinsänderung sowohl in dem Diskontfaktor als auch der dazugehörigen Forward Rate aus. Dies neutralisiert den Zinsänderungseffekt. Dem gegenüber ändert sich auf Grund des Marktzinses auf der fixen Seite lediglich der Diskontfaktor: Steigende Zinsen führen somit zu einem niedrigeren Barwert der fixen Seite, sinkende Zinsen erhöhen den Barwert.
Lesen Sie dazu auch den aktuellen Beitrag der WAZ:
Kein Zocken mit öffentlichem Geld-
Kommentar von Tobias Blasius vom Abend des 06.09.2013
Essen (ots) – Wenn das Urteil des Landgerichts Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen Schule macht, dürften die meisten Kommunen doch noch einigermaßen unbeschadet aus ihren riskanten Zinsgeschäften kommen. Die WestLB mit dem Vertrauensbonus eines öffentlich-rechtlichen Instituts hat die Kämmerer offenbar zu Spekulationen verführt, die sie selbst nicht mehr richtig verstanden haben. Ob gar in betrügerischer Absicht, wird ein Untersuchungsausschuss klären. Unabhängig von der Frage, ob sich ein vorsichtiger Kaufmann so verhalten hätte wie die Kämmerer: Jetzt ist die Landesregierung gefordert, klare Leitplanken für Zinsoptimierungsmodelle der Kommunen vorzugeben. Der Spielraum für Finanzakrobatik muss kleiner werden. Mit öffentlichem Geld zockt man nicht. Die meisten Kämmerer haben gewiss nicht aus Abenteuerlust Zinswetten abgeschlossen, sondern gehorchten der erdrückenden Schuldenlast ihrer Städte. Jedes Prozentpünktchen weniger Zinsausgaben ist eine Verlockung. Umso deutlicher muss die Kommunalaufsicht festlegen, wo die Finanzhoheit der Städte endet.
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