Medienberichte von und mit André Kuper

FOCUS Montag, 16.11.2015, 06:33 · ·
von FOCUS-Korrespondent

Fragwürdiger Aktionsplan in NRW: Wie schnell dürfen Blitzabschiebungen stattfinden?

Wie schiebt man Flüchtlinge human ab? In Nordrhein-Westfalen, dem Bundesland mit den meisten Asylsuchenden, ist rund um diese Frage ein heftiger Streit entbrannt. Politiker haben unterschiedliche Vorstellungen zur „Beschleunigung der Asylverfahren“.

Es sind Fragen, die die Politik spalten. Darf man eine Flüchtlingsfamilie mit Kindern, die keine Chance auf eine dauerhafte Bleibe in Deutschland hat, nachts aus dem Bett holen, um sie in ihr Heimatland abzuschieben? Muss man diese Menschen schnell und unangekündigt in ein Flugzeug oder einen Bus setzen, damit sie nicht mehr die Möglichkeit haben, sich hier im Land zu zerstreuen oder womöglich ärztliche Atteste zu besorgen? Man muss, meint die CDU. Man solle Fingerspitzengefühl zeigen, meint die SPD.

Die CDU-Fraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen hat die Diskussion jetzt wieder neu entfacht. CDU-Fraktionsvize André Kuper ist der Ansicht, dass die rot-grüne Landesregierung das neue Aufenthaltsgesetz unterläuft. In Paragraph 59 Absatz 1 dieses Gesetzes heißt es: „Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.“

Betroffene sollen zeitnah informiert werden

Am 6. November allerdings schrieb das NRW-Innenministerium an die Bezirksregierungen unter dem Titel „Beschleunigung der Asylverfahren/Informationen zum Vollzug der Ausreisepflicht“: „Vor dem geplanten Abschiebetermin sind die Betroffenen nochmals darüber zu informieren, dass ihre Abschiebung zeitnah bevorsteht. Dabei ist ein Vorlauf von mindestens einer Woche einzuhalten.“ Diese beiden Sätze verletzen aus Kupers Sicht den Asylkompromiss, in dem sich Bund und Länder darauf geeinigt hatten, die Abschiebepraxis ab Ende Oktober zu verschärfen.

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) bleiben damit ihrer schon vor Wochen vorgegebenen Linie treu, abgelehnten Familien mit Kindern nicht noch weitere Härten zuzumuten. NRW habe in der 40. Kalenderwoche mit der Umsetzung des von Bund und Ländern beschlossenen Aktionsplans begonnen, schreibt Jäger an die Bezirksregierungen.

2501 Abschiebungen aus Nordrhein-Westfalen

Zunächst werden nun nach seinen Worten Zuwanderer aus Albanien, die so gut wie keine Aussicht auf Asyl haben, in vier Landeseinrichtungen im Rheinland, Westfalen und Ostwestfalen-Lippe untergebracht. Man lasse Menschen schon jetzt mit allen Mitteln in ihre Heimat zurückbringen, wenn dies erforderlich sei, so Jäger. „Im Zeitraum 1. Januar bis 30. September sind insgesamt 2501 Personen aus Nordrhein-Westfalen abgeschoben worden“, teilt sein Ministerium mit.

Der CDU gehen all diese Maßnahmen noch nicht weit genug. Sie wirft der Landesregierung unter anderem vor, nicht genug „Kapazitäten für Schutzbedürftige“ zu schaffen und darüber hinaus einen großen Anteil der Flüchtlingslasten auf die Kommunen abzuwälzen.

222 Notunterkünfte mit mehr als 50.000 Plätzen

So seien 222 Notunterkünfte mit mehr als 50.000 Plätzen per Amtshilfe von den Kommunen geschaffen worden – „das sind 80 Prozent der angeblichen Landesplätze“, kritisiert Faktionsvize Kuper. „Die Landesregierung verschläft weiterhin den dringend notwendigen Ausbau eigener Kapazitäten und macht ein Notinstrument zum Dauerzustand für die Kommunen.“

Nach CDU-Angaben sind aktuell mehr als 230.000 Asylsuchende in NRW, obwohl nur rund 145.000 Menschen offiziell registriert seien. Nordrhein-Westfalen ist das Bundesland, das die meisten Flüchtlinge in Deutschland aufnimmt.

http://www.focus.de/politik/deutschland/nachts-die-sachen-packen-fragwuerdiger-aktionsplan-in-nrw-wie-schnell-duerfen-asylsuchende-abgeschoben-werden_id_5088542.html

WDR2-Nachrichten Freitag, 13. November

Die CDU in Nordrhein-Westfalen kritisiert die Abschiebepraxis der Landesregierung. CDU-Fraktionsvize Kuper sagte, die neuen Regelungen würden missachtet. Die Landesregierung unterlaufe das Bundesgesetz. Aus Düsseldorf Stefan Lauscher: Das neue Aufenthaltgesetz des Bundes ist eindeutig. Der Termin der Abschiebung darf dem Ausländer nicht angekündigt werden, heißt es da. Auch in einem neuen Erlass der Landesregierung steht das so, aber mit einem wichtigen Zusatz. Zitat „Vor dem geplanten Abschiebetermin sind die Betroffenen darüber zu informieren, dass sie ihre Abschiebung zeitnah bevorsteht“ dabei ist ein Vorlauf von mindestens einer Woche einzuhalten. Aus Sicht der CDU-Opposition ist das eine klare Ansage. Achtung in einer Woche kommen wir und dann passiere eben das, was immer passiert. Die Kinder der abzuschiebenden Familie seien nicht auffindbar oder ärztliche Atteste verhindern die Abschiebung.

141113_Andrè Landtag Interview TV

 

dpa 13.November 2015

CDU fordert Kurskorrektur in der NRW-Flüchtlingspolitik 

Düsseldorf (dpa/lnw) – Die CDU hat von der rot-grünen Landesregierung
eine Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik gefordert, damit die
Kommunen in Nordrhein-Westfalen entlastet werden. Die Lage bleibe
auch deshalb angespannt, weil die Regierung unter den Ankommenden
nicht ausreichend differenziere und auch Flüchtlinge ohne
Bleibeperspektive direkt in die Kommunen weiterschicke, kritisierte
Vizefraktionschef André Kuper am Freitag in Düsseldorf. Städte und
Gemeinden würden zu stark belastet: Mit 222 Notunterkünften und mehr
als 50 000 Plätzen seien 80 Prozent der «angeblichen Landesplätze»
der Erstaufnahmen tatsächlich kommunale Notplätze.

Auch die Erstregistrierung müsse in NRW besser werden, verlangte
Kuper und sprach von einem «ineffektiven Registrierungstourismus»,
der Zeit und Geld koste und die Flüchtlinge belaste. Gegenüber dem
Bund solle die Landesregierung sich bereiterklären, eines von bis zu
fünf deutschlandweit geplanten Registrierzentren für Asylbewerber
ohne Bleibeperspektive in NRW zu errichten.
Die CDU monierte zudem,
NRW schiebe zu wenig Ausreisepflichtige ab.

WDR online 13.11.2015

http://www1.wdr.de/themen/politik/brandbrief-bamf-reaktionen-100.html

 

Nach Brandbrief der Bamf-Mitarbeiter – Jäger warnt vor schlampigen Asyl-Verfahren

Schnellere Verfahren haben offenbar einen Preis: die fehlende Gründlichkeit

Seit Beginn der Flüchtlingsdebatte steht das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) im Zentrum der Kritik. Zu behäbig, zu kompliziert und vor allem zu langsam. So lauten die gängigen Beschreibungen der Nürnberger Behörde, über deren Schreibtische alle Asylverfahren der Bundesrepublik laufen. Es ist ein wahrer Flaschenhals. Rund 300.000 unerledigte Verfahren stapeln sich auf den Schreibtischen der Behörde. Hinzu kommen täglich neue. Die geschätzt eine Million zusätzlichen Flüchtlinge haben größtenteils noch gar keinen Asylantrag gestellt. Aktuell dauert es ein halbes Jahr, bis Asylbewerber überhaupt einen Termin zur Anhörung bekommen. Bis zur Entscheidung vergeht noch mehr Zeit – und dann steht abgewiesenen Bewerbern in der Regel der Rechtsweg offen.

Das alles dauert zu lange, meinen Politiker aller Parteien. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) zum Beispiel lässt in keiner ihrer Stellungnahmen unerwähnt, für wie wichtig sie schnellere Verfahren hält. Auch Innenminister Ralf Jäger (SPD) sieht darin „den Schlüssel zur Lösung der Krise“. Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) machte diese Woche Schlagzeilen mit Kritik am Bamf. Das Bundesamt führe die Akten zwar elektronisch, „aber sie drucken sie nochmal aus und schicken sie dann in Papierform an die Gerichte„, sagte Kutschaty im WDR-Interview.

Schwere Vorwürfe in Brandbrief der Mitarbeiter

Das Problem ist also hinlänglich erkannt. Und der neue Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise hat auch versprochen, mehr Personal einzustellen und die Verfahren deutlich zu beschleunigen. Ein wichtiger Schritt dahin: verkürzte Verfahren für Bewerber aus Syrien und Eritrea – weil Flüchtlinge aus diesen Ländern fast immer anerkannt werden. Klingt erst mal gut, doch schnelle Verfahren bringen auch viele Probleme mit sich. Darauf haben am Donnerstag (12.11.2015) Mitarbeiter des Bamf in einem Brandbrief hingewiesen.

Demnach würde die Behörde bei Syrien-Flüchtlingen auf eine eigentlich vorgeschriebene Identitätsprüfung verzichten. „Syrer ist, wer sich schriftlich im Rahmen einer Selbstauskunft als Syrer bezeichnet“, heißt es. Diese Vorgehensweise öffnete dem Missbrauch Tür und Tor. Bis zu 30 Prozent der Syrien-Flüchtlinge stamme gar nicht aus dem arabischen Land, schätzt Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Bamf-Mitarbeiter befürchten, dass ohne Identitätsprüfung auch IS-Kämpfer nach Deutschland einsickern könnten. Das Fazit der Behördenmitarbeiter: Schnellere Verfahren gehen auf Kosten von Qualität und Sicherheit. Ein schwerwiegender Vorwurf. Und er macht das Dilemma der gesamten Flüchtlingsdebatte deutlich: Müssen angesichts der Krise sämtliche Vorgaben und Standards geändert werden?

NRW-Innenminister Jäger äußerte sich dazu am Freitag ambivalent. Einerseits zeigte er Verständnis für die Mitarbeiter des Bamf. Ihr Brandbrief mache die Frustration angesichts des „riesigen Berges unerledigter Verfahren“ deutlich, sagte Jäger dem WDR. Andererseits besteht Jäger darauf, dass bei schnelleren Verfahren keineswegs die Identitätsprüfung wegfallen dürfe. „Bei allem Druck ist das ein Grundsatz, den wir nicht aufgeben dürfen“, sagte er. Es sei Aufgabe des Asylverfahrens falsche Identitäten aufzudecken. Im Übrigen gebe es keinerlei Hinweise darauf, dass IS-Kämpfer als Flüchtlinge getarnt nach Deutschland einreisten.

Die CDU in NRW bewegt sich in derselben Problemlage. „Qualität geht vor Schnelligkeit“, sagte der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende im Landtag, André Kuper dem WDR. „Aber natürlich wäre es am besten, wir hätten beides.“ Also lieber langsam, dafür gründlich? Kuper findet: „Das gesamte System gehört auf den Prüfstand. In den bisherigen Verfahren steckt eine Bürokratie, die nicht mehr zu ertragen ist.“ Seine Hoffnung setzt der CDU-Mann auf die beschlossene Flüchtlingskarte. Damit soll der Datenaustausch zwischen Bamf und den Ländern erleichtert werden. Noch gibt es die Karte nicht. Es gibt Bedenken wegen des Datenschutzes …

 

Freitag, 13.11.2015 in der NRZ:

Kölner Stadtanzeiger Freitag, 13.11.2015: