08 Nov Meine R(h)Einblicke vom 2. bis 8. November
150 Jahre Westfalia, Stalag-Gedenkstätte, Personalversammlung, Haus der Geschichte NRW, Baukommission, ZDF-Interview zur „Demokratieschule für Flüchtlinge“, Weiterentwicklung der FH Gütersloh…
Samstag, 2. November:
Das Wochenende beginnt mit der Jubiläumsfeier der Firma Westfalia in Rheda-Wiedenbrück. Der Hersteller von hochmodernen Wohnmobilen feiert 175 Jahre. Eine außergewöhnliche Zahl für ein Familienunternehmen, das einst als Schmiede in der Emsstadt begann. Längst hat sich Westfalia einen hervorragenden Ruf in der Automobilindustrie gemacht und die Wohnmobile sind überall auf der Welt anzutreffen. Damit ist das Unternehmen ein echtes Aushängeschild und verdeutlicht die wirtschaftliche Stärke unserer Heimat. Schön, dass ich vor Ort auch meinen Cousin und seine Frau treffen konnte, die diesem Traditionsunternehmen als Mitarbeiter schon lange die Treue halten.
Für mich geht es direkt weiter nach Paderborn, wo wir, die Funktions- und Mandatsträger der CDU, mit dem Generalsekretär Paul Ziemiak über die aktuelle Situation und über neue Perspektiven unserer Partei diskutieren…
Sonntag, 3. November:
In Langenberg findet der diesjährige Tag der CDU des Kreises Gütersloh statt.
Zu Gast ist der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer, der über das Spannungsfeld von starker Wirtschaft und lebensnotwendiger Umwelt referiert sowie über die gesellschaftliche Verantwortung der CDU spricht. Zuvor gab es Gelegenheit zur inneren Einkehr bei der Andacht von Diakon Karl-Heinz Klaus. Ein schöner Vormittag, auch weil viele CDU-Mitglieder aus dem gesamten Kreisgebiet miteinander ins Gespräch kommen.
Montag, 4. November:
Morgens um 6 ist die Welt noch in Ordnung… und ich sitze am heimischen Schreibtisch, um die Sitzungs- und Agenturvergabetermine vorzubereiten. Es geht nach Schloß Holte-Stukenbrock, wo ich mit Mitgliedern des Dorfgemeinschaftsvereins „Unser Dorf Stukenbrock-Senne“ zusammenkomme. Wir sprechen über die geplante Gedenkstätte des Stalag 326 und erörtern, wie die Vorstellungen der Lenkungsgruppe mit den Entwicklungsplänen im Stadtteil Stukenbrock-Senne in Einklang zu bringen sind. Mir liegt viel daran, sämtliche Beteiligten in unser Vorhaben einzubeziehen, weil nur mit breiter Information und breitmöglichster Zustimmung und Unterstützung ein solches Mammutprojekt erfolgreich umgesetzt und mit Leben gefüllt werden kann.
Anschließend finden in der ehemaligen Entlausungsstation des Stalag326 und heutigem LAFP-Gelände die Vorstellungsgespräche von drei Agenturen statt, die sich im öffentlichen Vergabeverfahren um die Erstellung der Agenturleistungen für eine Machbarkeitsstudie zur Gedenkstätte beworben haben. Die Arbeitsergebnisse sollen im Juli nächsten Jahres vorgelegt und als Antrag an den Bund vorgelegt werden. Von dort aus geht es anschließend nach Düsseldorf.
Nach Ankunft im Landtag findet zunächst unsere Personalversammlung statt. Aktuell haben wir rund 330 Beschäftigte bei der Landtagsverwaltung. Als Chef der Verwaltung nehme ich zu den vom Personalrat dort angesprochenen Punkten Stellung und erläutere auch die zukünftigen Projekte und Herausforderungen. Dieser Termin ist gleichzeitig aber auch eine gute Gelegenheit, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Landtagsverwaltung für ihre Arbeit und ihren Einsatz zu danken.
Am späten Nachmittag wird in der Bürgerhalle eine Solidarność-Plakatausstellung eröffnet. Es werden die Momente der Solidarność dargestellt, die in Zeiten des Untergrunds und des Kriegsrechts unter, zum Teil massiven Repressalien produziert wurden. Diese Plakate drücken den Mut und den Willen der Solidarność und des ganzen polnischen Volkes nach Freiheit und Demokratie aus. In Zeiten, in denen der europäische Gedanke in einigen Ländern in Frage gestellt wird, werden oft die Lebensumstände vergessen, die vor der europäischen Einigung vor allem in den Ostblock-Staaten herrschten. Die Arbeiterbewegung der Solidarność in Polen hat eine ganz besondere Rolle für die Freiheit in Europa gespielt. Der Mauerfall und die friedliche Wiedervereinigung der Bundesrepublik wären ohne die Umwälzungen bei unseren polnischen Nachbarn wohl nicht möglich gewesen.
Zu später Stunde bin ich noch beim Ständehaustreff in Düsseldorf, wo ich mich über die Gespräche unter anderem mit dem DFB Direktor Oliver Bierhoff freue, ehe mein Arbeitstag endet.
Dienstag, 5. November:
Schon früh bin ich heute im Büro am Schreibtisch. Nach dem allwöchentlichem „Jour Fix mit den Mitarbeitern zum Haus der Geschichte NRW’s“ und weiteren Gesprächen tagt die Landtagsfraktion. Auf der Tagesordnung stehen unter anderem mehrere Anträge, wie z.B. die Einrichtung einer Kinderschutzkommission. Diese wollen wir in der nächsten Plenarwoche mit möglichst breiter Zustimmung des Plenums beschließen.
Ein weiterer Marathon ist der Nachmittag. Es finden zahlreiche Gespräche mit Fachagenturen, eben „Bietern“ statt, die ein Gestaltungskonzept für die geplante Teaserausstellung sowie die Jubiläumsausstellung im geplanten Haus der Geschichte NRW vorstellen. Es wird sehr spät an dem Tag…
Mittwoch, 6. November:
Morgens tagt der Ältestenrat. Wir bereiten die nächste Plenarwoche vor. Es folgt ein Interview mit dem Bonner Generalanzeiger zum Format unserer, von mir initiierten, ‚Parlamentsgespräche‘. Am 19.11. geht es um das Thema: „Soziale Medien – Chance oder Risiko für die Demokratie“. Ein sehr sensibles Thema, denn die sozialen Medien bieten einerseits große Chancen, den für eine Demokratie notwendigen Meinungsaustausch zu ermöglichen und zu gestalten, andererseits sind gerade „Fake News“, „Chatbots“ und „Hass-Postings“ eine reale Gefahr.
Danach tagt die Baukommission des Landtags, wo es um den Planungsstand und das Raumprogramm zum geplanten Erweiterungsbau des Landtags geht.
Anschließend ist die neue Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft zu einem Gedankenaustausch zum Thema Schulentwicklung sowie einer gemeinsamen Ausstellung im Landtag zu Gast bei mir.
Danach zieht sich das Kuratorium HdG wieder zurück, um weitere Bieterangebote für die Teaser- und Jubiläumsausstellung zum Haus der Geschichte präsentiert zu bekommen.
Es folgen dann Interviews mit einem Team des ZDF sowie Deutschlandradio, die einen Beitrag mit Interview planen, in dem es um unser Programm „Demokratieschulung für Flüchtlinge“ geht.
Dieses neue Programm ist mir ausgesprochen wichtig, um den geflüchteten Menschen unsere Demokratie zu erklären, die Funktionsweise des Parlamentarismus zu erläutern und den Wert der Demokratie näherzubringen. Ein Großteil von ihnen hat in den Heimatländern keine Demokratie erleben dürfen oder Abgeordnete, die sich für die Anliegen von Bürgern einsetzen. Sie kommen oft aus autokratischen oder autoritären Staatsformen. Für diese Menschen ist es der erste Kontakt mit einem demokratischen Parlament. Es geht auch darum, dass wir den Flüchtlingen die Regeln und Pflichten zum Funktionieren unserer Gesellschaft erläutern. Das bringe ich u.a. im Interview mit dem ZDF auch deutlich zum Ausdruck.
Direkt im Anschluss an das Interview heiße ich auch die Gruppe von Flüchtlingen willkommen, die im Rahmen der Demokratieschulung aktuell den Landtag besuchen. Anschließend geht es spätabends heimwärts.
Donnerstag, 7. November:
Um 7 Uhr geht’s nach Krefeld. Beim Besuch des Gymnasiums am Moltkeplatz, im Rahmen des Jugendprogramms „Präsidium macht Schule“, stelle ich mich fast zwei Stunden den Fragen der Schülerinnen und Schüler, wir diskutieren gut. Oftmals sind es Informationsdefizite, die in der täglichen Praxis Unmut aufkommen lassen. Persönlich freue ich mich immer über den Austausch und das Interesse, das in den meisten Fällen vorhanden ist.
Zurück in Ostwestfalen bin ich zu Gesprächen in der Bielefelder Fachhochschule.
Gemeinsam mit dem Staatssekretär Klaus Kaiser sprechen wir über die Sicherung sowie Weiterentwicklung des FH-Standorts Gütersloh. Die Räume im Gleis 13 reichen schon jetzt nicht mehr aus. Ein Zeichen, das zeigt, dass das Studienangebot gut angenommen wird. Zudem wird das, mit erfolgreichen Forschungsaufträgen aufgebaute, „Center for Applied Data Science“ weitere Projekte nach Gütersloh ziehen.
Direkt aus Bielefeld kommend sind meine Frau Monika und ich abends zu Gast bei einer Gedenkveranstaltung der Stadt Rietberg, anlässlich der November-Pogrome.
Der Autor und Theologe Uwe von Seltmann stellt eine Multimedia-Präsentation mit zahlreichen Lied- und Bildbeispielen aus dem unglaublichen Leben des jüdischen Dichters und Komponisten Mordechai Gebirtig vor, der im Juni 1942 im Krakauer Ghetto gestorben ist. Mit Uwe von Seltmann verbindet mich, dass er die Reise des Präsidiums nach Krakau, Ausschwitz und Birkenau begleitet hat. Ein eindrucksvoller Abend vor zu wenigen Zuschauern. Erschreckend, hätte der Saal eigentlich aus allen Nähten platzen müssen, in Anbetracht der politischen Entwicklungen. Ich möchte an dieser Stelle eindrücklich vor der latenten Gefahr warnen.
Freitag, 8. November:
Im Rahmen des bundesweiten Vorlesetags bin bei den Kindern in der Schmeddingschule in Benteler. Für mich sind die Klassiker oft die besten Bücher. Somit lese ich aus dem Kästner-Buch „Die Konferenz der Tiere“. Die Initiative des Vorlesetages habe ich von Beginn an aufgegriffen und sie ist somit schon zur Tradition geworden. Auch in unserer Familie hatte das Vorlesen für unsere Söhne einen unglaublich hohen Stellenwert. Es ist einfach für die Entwicklung der Kinder in jeder Hinsicht essenziell.
Von Langenberg fahre ich weiter wieder zur Gedenkstätte des Stalag 326 in Schloß Holte-Stukenbrock, wo heute ein gemeinsamer Besuch mit Staatssekretär Klaus Kaiser stattfindet. Das Land NRW unterstützt den Prozess zur Weiterentwicklung zur Gedenkstätte sowie den Förderverein durch eine intensive finanzielle Förderung.
Das Wochenende fällt auf den 9 November. Vor genau 30 Jahren konnte die Stasi den Anstrengungen der Menschen, aber auch dem politischen Druck, auch durch unsere osteuropäischen Nachbarn wie Polen, nicht mehr standhalten. Viele Dokumentationen gibt es dazu in diesen Tagen und am Wochenende. Für viele jüngere ist das alles gar nicht wirklich fassbar. Meine Frau und ich aber haben das Geschehen ganz anders erlebt, hatten wir Freunde in der DDR und diese, sowie das Leben dort, am eigenen Leibe erleben dürfen. Unsere Freude und unsere Demut sind groß. Die Anstrengungen auf beiden Seiten der Mauer waren und sind langwierig. Umso wichtiger ist ein ständiges aufeinander zugehen und ein ständiger Austausch. Wie so oft im Leben, versteht man das Leben der anderen dann besser.
Vielleicht sehen wir uns bei einem meiner Termine in der Region, zum Beispiel am Samstag ab 14 Uhr bei der Gegendemonstration in Bielefeld. Dort hat „Die Rechte“ zu einer großen Demonstration aufgerufen, die eine der größten in Deutschland werden soll. Anlass ist die sogenannte Solidarität mit der inhaftierten Holocaustleugnerin Haverbeck, die ihren 91. Geburtstag in der JVA Bielefeld begeht. Die Generalsekretärin der Union progressiver Juden in Deutschland, Irit Michelson, hat mich um Unterstützung der jüdischen Gemeinde bei der Gegendemonstration gebeten. Diesem Wunsch folge ich aus inhaltlicher Überzeugung gerne und nicht zuletzt auch deshalb, da Irit Michelson am Sonntag zum Gedenken auf dem jüdischen Friedhof in Rheda kommen wird, wo ich die Gedenkrede halten werde.
Oder wir sehen uns am Sonntag auf dem ehemaligen jüdischen Friedhof in Rheda-Wiedenbrück bei der Gedenkveranstaltung der Stadt Rheda-Wiedenbrück anlässlich der Pogromnacht vor 81 Jahren.
Möge uns allen das Wochenende gute Gespräche mit lieben Menschen bescheren und die Novembertage durch etwas Sonnenschein erhellt werden.
Herzlichst
Ihr und Euer
André Kuper