Meine R(h)einblicke vom 23. November bis 2. Dezember:

Freitag, 23. November:

An diesem Tag feiert der Sozialverband VdK sein 70-jähriges Bestehen. Zum Festakt im Plenarsaal sind viele Ehrengäste gekommen, um die zahlreichen Verdienste des mit 340.000 Mitgliedern größten Sozialverbands zu würdigen. Der VdK wurde im Jahr 1948 ursprünglich als Selbsthilfeorganisation für Kriegsopfer und Hinterbliebene gegründet. Man kann die ehrenamtliche Arbeit für soziale Gerechtigkeit in der Gesellschaft nicht hoch genug schätzen. Schließlich setzt sich der VdK unermüdlich für die Rechte von Rentnerinnen und Rentnern, Menschen mit Behinderung, Kriegs-, Wehrdienst- und Unfallopfern, Arbeitslosen und Pflegebedürftigen ein und vertritt ihre Interessen. Niemand soll ins gesellschaftliche und finanzielle Abseits gedrängt werden. In meinem Grußwort bitte ich die vielen ehrenamtlichen Mitglieder, ihre segensreiche Arbeit nicht aufzugeben.

Präsident André Kuper mit dem NRW-Vorsitzenden des Sozialverbandes VdK Horst Vöge, der Bundes-Vorsitzenden des VdK Verena Bentele sowie dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Karl-Josef Laumann

Direkt im Anschluss habe ich einen Gesprächstermin mit Klaus-Heiner Lehne, dem Präsidenten des Europäischen Rechnungshofs. Der Europäische Rechnungshof kontrolliert als unabhängiges Organ der Europäischen Union den Haushalt der EU. Dementsprechend wichtig ist die Arbeit der Behörde einzuschätzen, weil sie fortlaufend die Rechtmäßigkeit und ordnungsgemäße Verwendung aller Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Union überwacht. Das ist, wie ich finde, unerlässlich, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern in die europäische Staatengemeinschaft zu stärken. Klaus-Heiner Lehne war von 1984 bis 1992 Ratsmitglied in Düsseldorf und anschließend bis 1994 Mitglied des Deutschen Bundestages. Nach der Europawahl 1994 wechselte er nach Brüssel, wo er zunächst Mitglied des Europäischen Parlaments war.

Am späten Nachmittag breche ich nach Bonn auf. Im dortigen LVR-Landesmuseum findet eine Podiumsdiskussion zum geplanten Haus der Geschichte NRW statt. Veranstalter ist die Kulturpolitische Gesellschaft. Die Diskussion wird durch das WDR 3-Kulturradio aufgezeichnet. Als Präsident des Landtags ist mir der Vorsitz im Kuratorium zum Haus der Geschichte übertragen worden, hier beraten und entscheiden die Abgeordneten der Landtagsfraktionen über das Konzept, Standort, Personal und Finanzen für dieses Projekt. Außerdem ist zur Realisierung eine Planungsgruppe von Historikern innerhalb meiner Landtagsverwaltung unter der Leitung des Historikers Dr. Guido Hitze eingestellt worden.
Während der kontrovers geführten Podiumsdiskussion mache ich mich erneut stark für ein derartiges Kulturgut, das die nordrhein-westfälische Geschichte in seiner ganzen Vielschichtigkeit und Einzigartigkeit darstellt. Unsere Pläne stehen auf starken Füßen, denn das Parlament hat mit der Zustimmung der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Grünen Anfang des Jahres beschlossen, die wissenschaftliche Forschung zur Landesgeschichte voranzutreiben und ein Haus der Landesgeschichte aufzubauen.

Bilder: Kulturpolitische Gesellschaft, Landesgruppe NRW

Samstag, 24. November:

Zurück im Wahlkreis findet am Morgen eine Sitzung des geschäftsführenden Bezirksvorstands und danach des Bezirksvorstandes der CDU statt. In Schloß Holte-Stukenbrock bereiten wir nächste Projekte vor, um OWL zukunftsfähig zu machen und lebenswert zu erhalten.

Am Nachmittag geht es nach Bielefeld zur Verleihung des Gustav-Engel-Preises. Mit dem begehrten Preis zeichnet der Historische Verein für die Grafschaft Ravensberg engagierte Nachwuchshistoriker aus. In diesem Jahr geht die Auszeichnung an den 27-jährigen Patrik Stuke aus Löhne. Stuke forschte im Rahmen seiner Masterarbeit „Friedensarbeit im Ravensberger Land – die Friedensgruppe Stiftberg als lokale Trägergruppe der neuen Friedensbewegung“ zu den teils spektakulären Aktionen der Gruppe, die in den 1970er und 1980er-Jahren in der Region gegen die Aufstellung von Atomraketen in Deutschland und zivile Nutzung der Atomkraft protestierten. Er untersuchte die Gründung und die Ziele der Gruppe, die aus der kirchlichen Jugendarbeit hervorgegangen ist.

Aktionen waren unter anderem die Performance „Alufolie für den Notfall“, die auf die Absurdität der gegen atomare Strahlung vorgeschlagenen Schutznahmen hinwies, eine Menschenkette um das Herforder Münster und eine Gruppe Pestdarsteller, die als wandelnde Leichen über den Alten Markt zog. Nach der Katastrophe von Tschernobyl besetzten die Aktivisten den Kühlturm des Atomreaktors in Hamm-Uentrop.

Ich finde es für eine aufgeklärte Gesellschaft lebensnotwendig, sich mit der Geschichte auch vor der eigenen Haustür zu befassen. Das ist notwendiger denn je, insbesondere für junge Menschen. Denn die nachwachsende Generation nimmt die Lehren aus der Vergangenheit auf, um hoffentlich daraus eine bessere Gesellschaft zu formen.

Auf dem Heimweg nehme ich an der Eröffnungsfeier der Zier- und Rassegepflügelschau des GZV Kaunitz teil. In der gesamten Ostwestfalenhalle gackert und schnattert es aus unzähligen Schnäbeln. Ehrlich gesagt bin ich ziemlich beeindruckt über die vielen unterschiedlichen Arten und Rassen, die die Züchter dort den Besuchern präsentieren.

Sonntag, 25. November:

An Totensonntag beteiligt sich der NRW-Landtag an einer internationalen Aktion. Es geht um Gewalt an Frauen. Ein Teil des Landtagsgebäudes wird am Samstag und Sonntag bis in die Nacht hinein orange angestrahlt. Auf einer LED-Wand vor dem Gebäude und auf einer Informations-Stele weisen wir auf die internationale Aktion „Orange Your City“ der Frauen-Organisation Zonta International hin. Immer noch werden zu viele Frauen Opfer von Gewalt, besonders im häuslichen Umfeld ist die Zahl der Übergriffe erschreckend hoch. Nach Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft erlebt. Deshalb müssen wir unsere Sinne entsprechend schärfen.

Montag, 26. November:

Die Woche starte u.a. mit einem Empfang mit Diskussion mit Bürgermeistern, Oberbürgermeistern und Landräten aus dem Regierungsbezirk Münster. Mir sind diese Gespräche sehr wichtig, weil sie einem überzeugten Parlamentarier wie mir die Möglichkeit geben, die Politiker vor Ort auf ihre politischen Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Ich nutze diesen Kontakt, um darauf hinzuweisen, dass wir gemeinsam als Botschafter für Demokratie arbeiten sollten. Die Mehrheit der Bürgerschaft erlebt Demokratie zum ersten Mal direkt in der heimischen Kommune. Ich möchte die Bürgermeister dafür gewinnen, im Projekt „Präsidium macht Schule“ mitzuwirken. Wenn wir es schaffen, die meisten der mehr als 150.000 Schülerinnen und Schülern, die jedes Jahr neu eingeschult werden, in unterschiedlicher Art und Form mit Demokratie in Kontakt zu bringen, haben wir mit Blick auf die Zukunft unserer Gesellschaft bereits einen guten Schritt gemacht.

Dienstag, 27. November:

In dieser Woche haben wir im Düsseldorfer Landtag eine Gruppe von Wirtschaftsjunioren zu Gast. Gleich am Morgen treffe ich mich mit dem jungen Mann, der mich durch die nächsten beiden Tage begleiten wird.

Nach der Sitzung des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes kommt die CDU-Fraktion zu ihrer 57. Sitzung zusammen. Wir sprechen unter anderem über die Plenarsitzungen in dieser Woche. Zudem hören wir einen Bericht zur CO2-Besteuerung.

Weiter geht es in der Mittagszeit mit dem Treffen der Parlamentariergruppe Polen. Am Abend widmet sich unsere neue Veranstaltungsreihe „Parlamentsgespräch“ mit einem ganz wichtigen Ereignis. Zu einer spannenden, informativen und interessanten Diskussion zum Thema „Ein halbes Jahr vor der Wahl – Wohin steuert Europa“ kommen Ministerpräsident a.D. Dr. Jürgen Rüttgers, ARD-Brüssel-Journalist Rolf-Dieter Krause, Isabel Hoffmann von „eupinions“, dem europäischen Meinungsforschungsprojekt der Bertelsmann Stiftung, und Daniel Röder, Mitbegründer von „Pulse of Europe“, in den Landtag.

Die Europawahl in einem halben Jahr wird die wohl wichtigste Wahl in diesem Jahrzehnt, weil die Bürgerinnen und Bürger in Europa mit ihrem Votum die Weichen für die Zukunft stellen. Viele sehen die Europäische Gemeinschaft in der Krise. Ich bin der Meinung, dass Rechtstaatlichkeit, die Einigung auf feste Spielregeln und dann auch deren Einhaltung ein zentraler Pfeiler der Europäischen Union sind. Es ist deswegen mehr als nur ein Schönheitsfehler, wenn in zentralen Politikfeldern wie der Währungs- oder Flüchtlingspolitik Spielregeln ausgehebelt und Vereinbarungen einfach gebrochen werden. Leider müssen wir jetzt feststellen, dass beides gerade bei uns in Deutschland einiges an Vertrauen gekostet hat. Dieses Vertrauen in rechtstaatliche Grundsätze müssen wir zurückgewinnen. Dies schaffen wir nur, wenn wir die Menschen in Europa mitnehmen. Denn ohne Europäerinnen und Europäer ist die EU nur eine leere bürokratische Hülle.

An diesem Tag wird übrigens der Landtag und das Außengelände mit Weihnachtsbäumen und Lichterketten geschmückt. Auch im Empfangsraum verbreitet jetzt eine imposante Tanne sowie ein Adventskranz ein erstes vorweihnachtliches Gefühl. In den kurzen Momenten, in denen mich der Terminkalender nicht in Beschlag nimmt, kann ich kurz innehalten und mich in der besonderen Stimmung sammeln.

Bild: CDU-Landtagsfraktion

Mittwoch, 28. November:

Direkt nach meinem Eintreffen an meinem Schreibtisch kümmere ich mich wieder um unser gemeinsames Stalag-Projekt. Die nächste Projektgruppensitzung will vorbereitet werden. Ich kann die Stunden gar nicht mehr zählen, die ich mit unseren Planungen verbracht habe, das ehemalige Lager für russische Kriegsgefangene zu einer der Geschichte angepassten und informativen Gedenkstätte von nationaler Bedeutung zu entwickeln. Auf dem Gelände des heutigen LAFP gibt es noch zwei authentische Gebäude aus der Stalag-Zeit sowie diverse Gebäude aus der Folgenutzungszeit als „Sozialwerk Stukenbrock“. Es wird damit deutlich: Krieg, Gewalt und Terror haben immer verheerende Folgen: Vertreibung und Flucht.
Diese Erinnerungsarbeit und Mahnung ist sehr wichtig. Außerdem bin ich überzeugt davon, dass wir am Ende ein hervorragendes Ergebnis bekommen werden, das die Erinnerung und Mahnung an eine dunkle Zeit aufrecht halten wird.

Anschließend starte ich in den Plenartag, der an diesem Tag bis 21.30 Uhr geht. Neben der regelmäßigen Sitzungsleitung sind täglich rd. 12 Termine zu bewältigen. So empfange ich eine Gruppe aus dem Berufskolleg Oberberg. Auch wird eine Video-Adventsbotschaft gedreht. Den Abend beschließe ich kurz vor 22 Uhr mit der notwendigen Schreibtischtätigkeit in der Leitung der Landtagsverwaltung.

Donnerstag, 29. November:

Wieder ein langer Plenarsitzungstag, es geht abends bis 22.25 Uhr bei 13 plenarbegleitenden Terminen. Trotzdem werde auch ich diesen Tag ganz sicher so schnell nicht vergessen. Es gab aufgrund einiger fehlender Kolleginnen und Kollegen ein optisch unklares Abstimmungsergebnis. Darauf wurde der sogenannte „Hammelsprung“ praktiziert. Das kommt selten vor. In dieser Legislaturperiode ist es der erste, für viele Abgeordnete der allererste überhaupt. Anlass war die Abstimmung zum Antrag „Straßenausbaubeiträge bürgerfreundlich gestalten“. 191 der 199 Abgeordneten waren anwesend. Das Ergebnis: Durch die „Ja“-Tür gingen insgesamt 98 Abgeordnete, nur 93 durch die „Nein“-Tür. Unsere Regierungsmehrheit war stabil. Normal verfügen wir als Koalitionsfraktion nur über eine 1-Stimmen-Mehrheit, bei dieser Abstimmung waren es 5 Stimmen-Mehrheit!
(Normal sind wir 100 Regierungsabgeordnete und 99 Oppositionsabgeordnete, allerdings liegt ein Kollege unserer Fraktion im Krankenhaus und eine Kollegin unserer Fraktion hat gerade Nachwuchs bekommen)

Wer genau wissen möchte, was ein Hammelsprung ist und wie er funktioniert, dem empfehle ich folgende Seite des Landtags:

https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/Webmaster/GB_II/II.1/Oeffentlichkeitstsarbeit/lexikon.jsp?k=H&fbclid=IwAR0mSn-IkkBWOwdhU_T3AWNC95Oztqv6MbBBOY6e7lwHld82UzCbAaLn3D8

Bild: FDP-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen

Am Morgen begrüße ich die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Deutschen Aidshilfe, die einen Stand in der Bürgerhalle aufgebaut haben und dort über ihre Arbeit berichten.

Anschließend empfange ich eine Besuchergruppe aus dem Kreis Gütersloh. Später am Tag ist eine Delegation der Kreishandwerkerschaft Bielefeld mit meinem MdL Kollegen Fortmeier zu Gast. Bei diesen Besuchen spüre ich immer, dass Demokratie durch den Kontakt zu und den Dialog mit Menschen gefestigt wird. Diese Einstellung möchte ich den Besuchern weitergeben.

Nach einigen Gesprächen nehme ich am Abend an der Mitgliederversammlung des FC Landtag teil. Unsere Fußballmannschaft hat einen eigenen Verein gegründet. Natürlich gehören auch Vorstandswahlen, Kassen- und Geschäftsberichte zum Teil dieses Treffens. Übrigens sind unsere Fußballer richtig gut: Im Oktober haben sie auf Bundesebene ein Turnier gegen die anderen Auswahlteams der Landtage Deutschlands und des Bundestags für sich entschieden. Der Pokal ist nach Düsseldorf gewandert – und im nächsten Jahr werden wir das Turnier ausrichten. Ich nehme es sportlich: Der Ball muss weiter rollen und es wird Zeit, das neue Fußballjahr 2019 für den FC Landtag einzuläuten.

Freitag, 30. November:

Die Sitzungswoche findet am Freitag ihre Fortsetzung. Nach dem Ende der Plenarsitzung fahre ich zurück nach Rietberg. Am Abend findet in Paderborn das Derby zwischen dem SCPaderborn und Arminia Bielefeld statt. Natürlich lasse ich mir als Fußballfan und Dauerkarteninhaber diese Partie nicht entgehen.

Zum Abschluss meiner R(h)einblicke wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende und eine erholsame Zeit. Vielleicht gehören Sie zu der Gruppe der Kolpingsfamilie Rietberg, die am Samstag den Landtag besucht, oder zum DOSB, der zu seiner Mitgliederversammlung in Düsseldorf zusammenkommt, oder zum Besucher oder Aktivem bei der Jugendmusicalbühne in der Cultura in Rietberg, oder zu den Gästen beim Adventskonzert des LWL in Münster. Egal wie, ich wünsche Ihnen eine schöne Zeit und tolle Eindrücke.