Meine R(h)Einblicke vom 8. bis 15. November

R(h)Einblicke: André Kuper an der Seite der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde bei der Bielefelder Gegendemo; Gedenkveranstaltung zum Novemberpogrom in Rheda; Verfassungsgerichtshof zu Gast beim Parlamentspräsidenten; Neues Format: Jiddischer Abend im Landtag; Plenarwoche

Freitag, 8. November:

Anlässlich des Bundesweiten Vorlesetags bin ich in der Schmeddingschule in Benteler zu Gast. Dort lese ich den Dritt- und den Viertklässlern aus dem Kinderbuch „Die Konferenz der Tiere“ von Erich Kästner vor. Eine großartige Aktion, die ich von Beginn an, seit nunmehr 15 Jahren unterstütze.

Weiter geht es nach Schloß Holte-Stukenbrock. Auf dem Gelände des ehemaligen Stalag 326 steht wieder ein wichtiger Ortstermin, diesmal mit Staatssekretär Klaus Kaiser an. Es geht um die Finanzierung der Entwicklung zur Gedenkstätte sowie des Fördervereins.
Die Planungen für den Aufbau einer Gedenkstätte von nationaler und internationaler Bedeutung laufen auf Hochtouren. Der Staatssekretär zeigt sich bei seinem Rundgang durch das ehemalige Arrestgebäude und die ehemalige Entlausungsstation sowie über den sowjetischen Ehrenfriedhof beeindruckt von der bisherigen Erinnerungsarbeit des Fördervereins. Gut für uns: Der Staatssekretär hat Förderzusagen für die Konzeptentwicklung beim LWL und den Förderverein im Gepäck, insgesamt über 300.000 Euro in 2020 und 2021.

Samstag, 9. November:

Aufstehen und Farbe bekennen! Mit dieser Einstellung fahre ich nach Bielefeld, um an der Seite der Vorsitzenden der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, Irith Michelsohn, und dem Bielefelder Oberbürgermeister Pit Clausen, Bürgermeister Andreas Rüther sowie MdEP Elmar Brok, wo wir in erster Reihe an der Gegendemonstration zu dem Aufmarsch von Anhängern der Partei „Die Rechte“ teilnehmen. Es ist schier unerträglich, dass Neonazis ein solch geschichtsträchtiges Datum wie den 9. November dafür nutzen, um ihr rechtsradikales und menschenverachtendes Gedankengut zu verbreiten. Deshalb ist es mir von Herzen wichtig, dass unser Marsch für die freiheitlichen Werte und gegen rechtes Gedankengut dort beginnt, wo für die deportierten Juden der Start in den Untergang war: am Bielefelder Hauptbahnhof. Ich bin überwältigt, dass sich 14.000 Menschen anschließen und durch die Innenstadt ziehen.

„Ich will nicht viel sagen, aber eines ist mir wichtig: Es ist gut, dass Ihr, dass Sie, dass wir alle heute hier sind! Es ist sicher unaufhebbarer Bestandteil der Demokratie, dass in unserem Land jede und jeder seine Meinung sagen darf und dass wir ein Recht auf Demonstration und öffentliche Kundgebung haben. Das ist eben auch ein Kennzeichen von gelebter Demokratie!

Aber die große Mehrheit unserer Gesellschaft und die Mehrheit der Vertreter der Parteien und Verbände in unserem Land, und alle, die jetzt hierhergekommen sind, wissen:

Der 9. November ist nicht nur der Tag der Wiedervereinigung sondern der Tag, an dem unser ganzes Land fassungslos und beschämt an die Verbrechen der Nazis erinnert und an nichts anderes. Deshalb stehen wir heute an der Seite unserer jüdischen Bürgerinnen und Bürger und nicht an der Seite derer, für die die nationalsozialistischen Verbrechen vielleicht ein „Vogelschiss“ sind oder die sie gleich komplett leugnen“, soweit meine Worte.

Sonntag, 10. November:

An diesem Sonntag bin ich als Redner bei der Gedenkveranstaltung der Stadt Rheda-Wiedenbrück auf dem jüdischen Friedhof in Rheda angefragt.

Schüler der Israel-AG des Einstein-Gymnasium berichten eindrucksvoll von ihrem Besuch im Konzentrationslager Auschwitz. „Dieser Ort ist der schlimmste, an dem ich jemals gewesen bin. Aber ich bin froh, dass ich dort war“, fasst ein Jugendlicher seine Eindrücke zusammen, die sich übrigens mit meinen eigenen Eindrücken vom Besuch dort Anfang Oktober decken. In diesen Worten steckt so viel Wahrheit, das spürt man auch bei dieser Gedenkveranstaltung. In meiner Rede ermahne ich dazu, angesichts der jüngsten Ereignisse gegen rechte Hetze aufzustehen und Haltung zu zeigen. Die Schüler präsentieren in einer berührenden Weise das Buch „Der Tätowierer von Auschwitz“, ehe Pfarrer Thomas Hengebeck und Irith Michelsohn, Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld, das Kaddisch sprechen. Ein bewegender Moment, als wir einen Kranz niederlegen.

Montag, 11. November:

Die Woche startet mit der Fahrt nach Baesweiler zur Eröffnung unserer neuen Schulwanderausstellung „Landtag macht Schule“ im dortigen Gymnasium. Ein Projekt, das auf mein Bestreben hin im vergangenen Jahr gestartet wurde. Auf anschauliche Weise und direkt zum Ausprobieren, wird das Landesparlament mit seinen Ausschüssen, Parteien und Abgeordneten vorgestellt. Es gibt keine geeignetere Zeit als jetzt, mit der Wanderausstellung im Land die Schülerinnen und Schüler zu informieren und zum Mitmachen zu motivieren.

Bilder: Dietsch/Landtag

In Düsseldorf kommt am frühen Nachmittag die Jury des Wettbewerbs zum NRW-Pressefoto 2019 zusammen. Auch hierfür habe ich den Impuls gegeben. In diesem Jahr wurden insgesamt 248 Fotos eingereicht (Vorjahr 147). Spannend: Jedes einzelne Bild ist nicht nur handwerklich gut gemacht, sondern weckt auch Erinnerungen an ein bestimmtes Ereignis, das unser Bundesland im Jahr 2018 bewegt hat.

Dienstag, 12. November:

Das ökumenische Gebetsfrühstück im Clubraum Rheinland des Landtags ist ein guter Anlass, um die eigenen Gedanken zu ordnen und gestärkt die Aufgaben des Tages anzugehen. Die Termine reihen sich bis in die späten Abendstunden.

Noch vor der Sitzung der CDU-Landtagsfraktion stehen einige interne Gespräche an, unter anderem über die aktuellen Entwicklungen zum „Haus der Geschichte“. In der Fraktionssitzung bereiten wir nicht nur die Plenartage in dieser Woche vor, sondern sprechen auch über Anträge, die wir durchsetzen möchten.

Im weiteren Tagesverlauf sind die Präsidentin, die Vizepräsidentin und die weiteren Verfassungsrichter des höchsten Gerichtes in Nordrhein-Westfalen, des Verfassungsgerichtshofs, zu Gast. Wir sprechen über gemeinsame Aktivitäten zum Jubiläum der Landesverfassung im Jahre 2020 sowie die bisherigen Erfahrungen mit der neu eingeführten Individualverfassungsbeschwerde.

Anschließend findet im Landtag erstmals ein Jiddischer Abend statt. Das Jiddische ist eine rund tausend Jahre alte Sprache, Es wird ein bemerkenswerter Abend mit völlig neuen Eindrücken und jiddischen Texten und Liedern. Unsere 100 Gäste sind allesamt begeistert.

Mittwoch, 13. November:

Plenarbegleitend finden an diesem Tag neun Termine statt.
Der Gesprächsreigen beginnt mit einem Journalisten der Rheinischen Post.
Anschließend ist das Stalag326 wichtiges Thema in Gesprächen mit 2 Professoren des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Hierbei analysieren wir die bislang erreichten Zwischenschritte, unsere Ziele und sondieren die nächsten Arbeitsschritte auf dem Weg zur Anerkennung als Gedenkstätte von nationaler und internationaler Bedeutung.

In der Mittagszeit überreiche ich der Aktion Lichtblicke eine Spende in Höhe von 1.000 Euro und gebe ein Interview für die NRW-Lokalradios. Bei der Parlamentsnacht gab es bei mir im Empfangsraum ein Begrüßungsgetränk für unsere Gäste. Gleichzeitig haben wir zu einer freiwilligen Spende gebeten für die Aktion Lichtblicke. Lichtblicke ist eine landesweite Aktion, die insbesondere unschuldig in Not geratenen Familien hilft. Schön, wenn sich viele Menschen an der Aktion der NRW-Lokalradios beteiligen. Mein nächster Einsatz für Lichtblicke ist die Schirmherrschaft bei „Mastholte hilft!“ am ersten Dezember-Wochenende in Mastholte.

Nach einer weiteren Stunde Sitzungsleitung gilt es, in einem Gespräch mit Vertretern der Ministerien und Geschäftsführern, hunderte Arbeitsplätze eines heimischen Unternehmens auch für die Zukunft nachhaltig zu sichern.

Anschließend stattet der neue Generalkonsul von Georgien, Levon Diasamidze, einen Antrittsbesuch ab. Deutschland war das erste Land der Europäischen Gemeinschaft, das Georgien nach der Unabhängigkeit 1991 völkerrechtlich anerkannte. Heute setzt sich die Bundesregierung für die Annäherung Georgiens an Europa ein. Unsere Bundeskanzlerin hat den Georgiern dringend eine Vertiefung der Kontakte zu den Bundesländern empfohlen. Ein Drittel der Bevölkerung lebt noch immer unterhalb der Armutsgrenze. Wir sprechen über die aktuelle Lage und loten eine zukünftige Zusammenarbeit unserer Parlamente aus.

Nach Beendigung des Plenums findet ein Parlamentarischer Abend zum 100-jährigen Gründungsjubiläum der Arbeiterwohlfahrt statt. Der Abend endet wieder sehr spät.

Donnerstag, 14. November:

Der heutige Tag beginnt mit der ökumenischen Landtagsandacht.
Plenarbegleitend gibt es wieder viele Termine, so auch mit der Beauftragten der Landesregierung für Menschen mit Behinderung.
Nach der, in der letzten Woche erfolgten, Neuwahl des Personalrates werden im Anschluss die bisherigen Personalratsmitglieder von mir verabschiedet. Dem neugewählten Gremium biete ich meine uneingeschränkte Zusammenarbeit an.

Direkt danach sind zwei Jugendgruppen mit Staatssekretärin Güler zu Gast, die im Rahmen des Projekts „Verfassungsschüler“ mit mir über aktuelle Themen diskutieren.

Kurz darauf heißt es Abschiednehmen von Marianne Thomann-Stahl. Nach 14 Jahren als Regierungspräsidentin in Detmold (zuvor war sie 15 Jahre Mitglied des Landtags) ist sie im Rahmen des Gedankenaustauschs der Abgeordneten aus OWL das letzte Mal in ihrem Amt in unserer Runde. Ich danke im Namen aller Abgeordneten für ihr Engagement.

Nach einer weiteren Stunde der Sitzungsleitung im Plenarsaal gibt es ein Gespräch über die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der schulischen Inklusion.
Anschließend informiert mich der neue Kommandeur der britischen Streitkräfte in NRW, Colonel Tim Hill, über die geplante Neuorganisation der verbliebenen britischen Streitkräfte in Deutschland, die im Schwerpunkt in Sennelager erfolgt.

Ebenfalls zum ersten Mal zu Gast ist die neue Konsulin von Kanada, Lee-Anne Christine Hermann. Wir sprechen über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Kanada, die seit Jahrzehnten geprägt sind von gemeinsamen Wertvorstellungen und Grundüberzeugungen. Besonders erfreulich ist, dass das Wirtschafts- und Handelsabkommen CETA Früchte zu tragen beginnt und dafür gesorgt hat, dass der Handel zwischen der EU und Kanada zunimmt. Ein gutes Zeichen und der Beweis, dass nicht die Abschottung Länder und Staaten nach vorne bringen, sondern das Miteinander.

Von der großen Weltpolitik zu Herausforderungen in der heimischen Landwirtschaft. Aus einer meiner Bürgersprechstunden ist ein Problem deutlich geworden, welches im Zusammenhang mit dem Landesumweltprogramm „Vielfältige Kulturen“ entstanden ist. Wir suchen nach einer Lösung.

Später am Abend spreche ich beim Parlamentarischen Abend der Sparkassen, bei dem sich die Mitglieder der Sparkassenverbände, Vorstände der Sparkassen mit den kommunalen Mandatsträgern sowie den Mitgliedern des Landtags und der Landesregierung austauschen.

Freitag, 15. November:

Am letzten Tag der Plenarwoche gibt es neben dem Plenum auch wieder viele Gespräche. Abends bin ich als Redner zu Gast bei der Mitgliederversammlung der CDU Schloß Holte-Stukenbrock, bevor ich mich freue, für einen Augenblick nach Hause zu kommen.

Am Wochenende tagt der Bezirksvorstand und wir verabschieden Elmar Brok in Bielefeld.
Am Nachmittag steht die zentrale NRW-Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag in Hövelhof auf der Agenda. Am Sonntag sind Monika und ich, auf Einladung der Oberbürgermeisterin Henriette Reker, bei der traditionellen Gedenkfeier der Stadt Köln.

Für heute verbleibe ich mit ganz herzlichen Grüßen aus der Landeshauptstadt als
Ihr und Euer
André Kuper