Der WDR berichtet: Schulden in Fremdwährungen: NRW-Städte verzocken sich mit Schweiz-Krediten

Von Matthias Goergens

Vor rund sechs Jahren wollten 29 NRW-Kommunen Zinsen sparen durch Kredite in fremden Währungen. Doch die Wechselkurs-Entwicklung hat sie eiskalt erwischt. Essen und Bochum würden Millionen verlieren, müssten sie derzeit zurückzahlen.

André Kuper hatte im Juli die Fakten ans Licht gebracht. Auf die Anfrage des damaligen kommunalpolitischen Sprechers und heutigen Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion veröffentlichte die Landesregierung Zahlen: Danach stehen bei 29 NRW-Städten oder Landkreisen Kredite in Fremdwährungen in den Büchern. Besonders hoch sind diese in Essen (367 Millionen Euro), Bochum (180 Millionen) und Münster (118 Millionen). Erlaubt ist das schon, da es sich nicht um Spekulationen mit Kapitalanlagen handelt. „Die Aufnahme von Fremdwährungskrediten ist im Rahmen der kommunalen Finanzmittelbeschaffung grundsätzlich zulässig, sofern ihre konkrete Ausgestaltung nicht gegen kommunal- oder bankrechtliche Vorschriften verstößt“, so die Landesregierung.

Scharfe Kritik vom Bund des Steuerzahler

Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler NRW kritisiert die Kommunen dafür scharf: „Das ist eine Form der Spekulation mit öffentlichen Geldern.“ Vor der jüngsten Finanzkrise in den Jahren 2008/09 sei die Entscheidung möglicherweise richtig gewesen, denn durch den Austausch („Umschuldung“) von Krediten in Schweizer Franken konnte die Zinsbelastung für die städtischen Haushalte gesenkt werden. Damals gab es 1,60 Schweizer Franken für einen Euro, die Kredite waren rund zwei Prozent günstiger als in Deutschland.

Zinsvorteil gleicht Wechselkursverluste nicht aus

„Aber langfristig war es absehbar, dass sich das umdreht“, sagt Eberhard Kanski. Der Wechselkurs sank auf 1,20 Schweizer Franken, jetzt sind Kredite in Deutschland durch die Niedrigzins-Politik billiger. Die Rückzahlung wird also deutlich teurer als ursprünglich geplant, der Zinsvorteil gleicht das nicht mehr aus. Statt Untergrenzen für ein schnelles Aussteigen zur Begrenzung von Verlusten festzulegen, wurden die Städte in den vergangenen Jahren von der Entwicklung überholt. „Anders als bei einem klassischen Kredit in Euro sind diese Kämmerer Wechselkursrisiken eingegangen, die schwer zu beherrschen sind und für die Steuerzahler teuer werden können.“

„Bei einer Rückzahlung wäre der Verlust jetzt am größten“

Aber wie kommen die Kommunen aus dem Wechselkurs-Dilemma heraus? Bochums Kämmerer Manfred Busch setzt in der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) auf den Zeitgewinn: „Wir können nur warten, bis sich der Kurs zu unseren Gunsten ändert.“ Tatsächlich bleibt den Städten nichts anderes übrig, sagt auch Eberhard Kanski vom Bund der Steuerzahler NRW und verweist darauf, dass die Schweiz kürzlich erklärt hatte, den Kurs nicht unter 1,20 Franken sinken zu lassen: „Bei einer Rückzahlung wäre der Verlust jetzt mutmaßlich am größten. Es kann nur besser werden.“

Essen verlängert den Kredit, bis der Wechselkurs steigt

Essen hat sich zumindest vertraglich festlegen lassen, dass die Kredite verlängert werden können, „damit der bilanzielle Wechselkursverlust nicht tatsächlich realisiert werden muss“, heißt es vonseiten der Stadt. Sollte der Wechselkurs wieder ansteigen, soll zurückgezahlt werden, „Neugeschäfte werden grundsätzlich nicht mehr abgeschlossen“. Eberhard Kansi weiß von Kommunen, die feste Rückzahlungstermine ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Tilgung vereinbart haben. Das kann richtig teuer werden bei der Fälligkeit, denn dann gilt der tagesaktuelle und möglicherweise ungünstige Wechselkurs.

Quelle: http://www1.wdr.de/themen/politik/nrw-staedte-mit-teuren-fremdwaehrungskrediten100.html

Und so berichtet der Bund der Steuerzahler in seiner September-Ausgabe: NRW-Nachrichten des BdSt von September 2014 zu Fremdwährungskrediten