Untersuchungsausschuss zum Silvester-Chaos in Köln

Übergriffe auf Frauen, Ausländerkriminalität, rechtsfreie Räume – das sind Angstthemen in der Bevölkerung. Rot-Grün wird in NRW bis zur Landtagswahl damit konfrontiert sein. Denn jetzt wird ein Untersuchungsausschuss zum Silvester-Chaos in Köln eingesetzt.

Düsseldorf (dpa/lnw) – Schlechte Nachrichten für die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen: Das Versagen des Staates in der Schreckensnacht von Köln wird sie wohl bis zur Landtagswahl 2017 verfolgen. CDU und FDP wollen die Ursachen, wie es zu massenhaften Übergriffen auf Frauen kommen konnte, in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss durchleuchten. Das kündigten die Fraktionschefs von CDU und FDP, Armin Laschet und Christian Lindner, am Freitag in Düsseldorf an. «Hier ist ein brennendes öffentliches Interesse», sagte Laschet.

Die Opposition will unter anderem Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) als Zeugin laden, um zu hören, wann sie was von den Ausschreitungen am Kölner Hauptbahnhof wusste. «Nahezu die gesamte Identität der Ministerpräsidentin baut sich ja nicht auf politische Ergebnisse hier in Nordrhein-Westfalen auf, sondern ausschließlich auf dem edlen Motiv, eine Kümmerin zu sein», sagte Lindner. Deshalb sei es wichtig zu prüfen, ob und wie sie sich denn tatsächlich gekümmert habe.

In der Silvesternacht waren massenhaft Frauen am Kölner Hauptbahnhof von enthemmten Männergruppen ausgeraubt und sexuell bedrängt worden.

Bis zum Donnerstag gab es nach Angaben der Kölner Staatsanwaltschaft 652 Anzeigen von 739 Opfern. Die Ermittler gehen davon aus, dass die meisten Täter nordafrikanischer und arabischer Herkunft sind.

Die SPD-Landtagsfraktion teilte mit, sie sei offen für einen Untersuchungsausschuss. Die Grünen kritisierten, CDU und FDP scheine es weniger um eine lückenlose und transparente Aufarbeitung zu gehen, «als vielmehr um den Kopf des Innenministers und politische Geländegewinne».

CDU, FDP und Piraten werfen Kraft und ihrem Innenminister Ralf Jäger (SPD) vor, zu spät die Öffentlichkeit informiert und eine falsche Pressemitteilung der Kölner Polizei über eine vermeintlich entspannte Lage in der Silvesternacht nicht unverzüglich korrigiert zu haben. Im Untersuchungsausschuss sollen daher alle Mitteilungen an das Ministerium, den Innenminister und die Ministerpräsidentin geprüft werden. «Der Verdacht, dass Behörden bewusst verschleiert oder relativiert haben, muss ausgeräumt werden», sagte Laschet. «Innenminister Jäger ist zu restloser Aufklärung und Selbstkritik noch nicht bereit.» Deshalb hätten in den Sondersitzungen des Landtags und des Innenausschusses in dieser Woche viele Fragen und Ungereimtheiten nicht geklärt werden können. Er halte es für lebensfremd, dass in Köln Hilfe von anderen Polizei-Einheiten abgelehnt worden sein soll, während die Lage dort eskalierte, sagte Laschet. So hatte es der Innenminister geschildert.

Geklärt werden müsse unter anderem, ob Polizeibehörden möglicherweise in vorauseilendem Gehorsam gegenüber dem Innenminister auf die Anforderung eigentlich notwendiger Kräfte verzichteten. Nur in einem Untersuchungsausschuss sei es möglich, die Beamten notfalls auch unter Eid schildern zu lassen, wie die Lage tatsächlich gewesen sei.

Neben der Klärung der behördlichen und politischen Verantwortlichkeiten, wie es zu den Exzessen kommen konnte, werde es in dem Ausschuss um strukturelle Defizite der inneren Sicherheit in NRW gehen, kündigten die Oppositionspolitiker an. Dabei könnten auch die Hogesa-Krawalle in Köln vom Oktober 2014 eine Rolle spielen.

Außerdem sei zu hinterfragen, ob es in NRW rechtsfreie Räume in «No-Go-Areas» gebe oder nicht.

Am kommenden Dienstag wollen CDU und FDP in ihren Fraktionen formell beschließen, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Der Landtag soll darüber am 27. Januar entscheiden. Es ist guter parlamentarischer Brauch, dass alle Fraktionen dem zustimmen. Der Ausschuss solle noch vor der Sommerpause erste Zeugen verhören und Zwischenergebnisse liefern, sagte Laschet.

(Quelle: dpa-Meldung vom 15.0.2016 – mit freundlicher Genehmigung der dpa)