Wirtschaftspolitischer Offenbarungseid der Landesregierung

André Kuper zur Debatte über Nullwachstum in Nordrhein-Westfalen:

Die Nachricht, dass das Industrieland Nordrhein-Westfalen keinerlei Wirtschaftswachstum mehr zu verzeichnen hat, muss die Landesregierung aufrütteln. Das Nullwachstum trifft alle Menschen in diesem Land. Die Kinderarmut steigt. Jugendliche finden keinen Ausbildungsplatz und Arbeitslose finden keinen Arbeitsplatz. Nicht zuletzt ruiniert die chronische Wirtschaftsschwäche die Finanzen der Städte und Gemeinden in unserem Bundesland.

Wenn die Wirtschaft in allen anderen Ländern wächst, nur in Nordrhein-Westfalen nicht, dann hat das ganz offenkundig auch mit Landespolitik zu tun. Aber die Ministerpräsidentin nimmt das Nullwachstum als unabwendbares Schicksal hin. Die Schuld an der Misere wird überall in der Welt festgemacht – nur nicht in Nordrhein-Westfalen. Eine Landesregierung, die meint, an der Wirtschaftsschwäche nichts ändern zu können, hat jeglichen Gestaltungsanspruch aufgegeben. Diese Einstellung kommt einem wirtschaftspolitischen Offenbarungseid gleich.

Nach dem Schock des Nullwachstums gilt es jetzt zu handeln. In den Bereichen Bürokratieabbau, Verkehr und Digitalisierung müssen neue Wege eingeschlagen werden. Doch stattdessen streitet die Landesregierung über zentrale Fragen, die über die Zukunft der Wirtschaft und damit die Perspektiven von Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen entscheiden: Sei es die Zukunft der Stahl- und Kohleindustrie, der Bundesverkehrswegeplan oder die Ansiedlung von Gewerbeflächen: zu alledem gibt es keine einheitliche Position der Landesregierung. Das lähmt unser Land. Die Ministerpräsidentin muss führen und die nötige Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik einleiten. Das Schweigen der Ministerpräsidentin löst die Probleme genauso wenig wie das Schönreden ihres Wirtschaftsministers.“